Islamabad – Eine Woche nach ersten direkten Kontakten zwischen Taliban-Vertretern und der afghanischen Regierung hat der abgetauchte Taliban-Chef Mullah Omar die Friedensverhandlungen begrüßt. Die Gespräche seien "legitim", wenn sie "das Ende der Besatzung Afghanistans" zum Ziel hätten, erklärte Omar am Mittwoch in einer Botschaft kurz vor dem Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan.

Der Extremistenanführer räumte damit Zweifel aus, ob er der Initiative seine Rückendeckung gebe. Vertreter der afghanischen Regierung und der radikalislamischen Taliban hatten sich nach zähen Vorbereitungen vergangene Woche in der pakistanischen Stadt Murree erstmals zu direkten Gesprächen an einen Tisch gesetzt. Sie vereinbarten, sich in den kommenden Wochen erneut zu treffen. Dies war international begrüßt worden. Mehrere Taliban-Kommandanten stellten die Legitimität der Gespräche allerdings offen infrage.

Interaktionen mit dem Feind

Dem begegnete Omar nun in seiner jährlichen Botschaft zum Ende des Ramadan: "Wenn wir unsere religiösen Regeln betrachten, können wir sehen, dass Treffen und gar friedliche Interaktionen mit dem Feind nicht verboten sind", erklärte er. "Gleichzeitig zum bewaffneten Jihad sind politische Initiativen und friedliche Pfade zur Erreichung der heiligen Ziele ein legitimes islamisches Prinzip."

Der blutige Aufstand der Taliban begann nach den Terroranschlägen vom 11. September 2011 in den USA. Damals vertrieben US-geführte Streitkräfte die Radikalislamisten von der Macht in Kabul. Der Abzug aller ausländischen Truppen aus Afghanistan gehört für die Taliban zu den Kernforderungen für einen Frieden. In der Erklärung Omars sehen Beobachter aber einen Beweis für eine gestiegene Kompromissbereitschaft.

Langsames Umschwenken

"Der Taliban-Chef spricht neben Krieg über Frieden und Verhandlungen", sagte der Politologe Ahmad Saidi aus Kabul. "Es gibt keinen Zweifel, dass sich die Haltung der Taliban schrittweise ändert. Nun ist es an der afghanischen Regierung, die goldene Chance geschickt zu nutzen."

Die Nato hatte Ende vergangenen Jahres ihren Kampfeinsatz in Afghanistan beendet. Seit Anfang dieses Jahres unterstützt sie mit dem Einsatz "Resolute Support" die afghanischen Sicherheitskräfte in der Ausbildung. Bis Ende 2016 sollen alle ausländischen Soldaten vom Hindukusch abgezogen werden.

Friedensgespräche der Taliban hängen aber auch davon ab, wie stark diese im Land bleiben. Denn immer mehr Taliban-Anhänger sind zur Jihadistengruppe "Islamischer Staat" (IS) übergelaufen, die für ihre kompromisslose Haltung bekannt ist. Im vergangenen Monat hatten die Taliban den IS davor gewarnt, in ihren Machtbereich vorzudringen. Omar rief die Taliban-Anhänger in seiner Erklärung zur Einheit auf. (APA, 15.7.2015)