Frankfurt – Die europäischen Großbanken müssen sich im nächsten Jahr erneut einem Stresstest stellen. Die EU-Bankenregulierungsbehörde EBA kündigte am Mittwoch den Startschuss für das erste Quartal 2016 an. Dann würden die Stress-Szenarien und die Methodik veröffentlicht. Abgeschlossen sein soll der Test im dritten Quartal 2016. Dann sollen erneut Einzelergebnisse für alle Institute veröffentlicht werden.

Der Stresstest findet in allen 28 EU-Staaten statt. Für die Banken in der Eurozone wird es der erste sein, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) die Aufsicht über die wichtigsten Institute im Währungsraum übernommen hat. Zuletzt hatten sich die Geldhäuser 2014 auf Herz und Nieren prüfen lassen müssen. Die EZB hatte dem Stresstest einen Bilanzcheck vorgeschaltet, um unliebsame Überraschungen in den Büchern zu verhindern.

Lockerung in Aussicht

EU-Finanzmarktkommissar Jonathan Hill macht indes den Banken Hoffnung auf eine Lockerung der nach der Finanzkrise verschärften Eigenkapitalvorschriften. Der Brite sagte am Mittwoch auf einer Veranstaltung in London laut dem Redetext, die Regeln hätten die Geldhäuser zwar sicherer gemacht, man müsse aber darauf achten, dass sie keine unerwünschte Nebenwirkungen haben. "Stehen sie immer im richtigen Verhältnis zu den Risiken? Welche Folgen haben sie für die Kreditvergabe an kleine Unternehmen und für die Infrastruktur?", gibt Hill zu denken. "Könnten sie vereinfacht oder nach Risiko und Größe differenziert werden, ohne die übergeordneten Ziele zu gefährden?"

Die EU hat sich Wachstum auf die Fahnen geschrieben und fürchtet, dass die Institute dafür nicht ausreichend Kredite bereitstellen. Einige Banken klagen bereits, der Aufbau ihrer Kapitalpuffer gehe zulasten der Kreditvergabe oder behindere ihren Wertpapierhandel, was die Märkte austrockne und schwankungsanfälliger mache.

Mehr Verständnis

Mit dem Amtsantritt Hills hatten vor allem die Großbanken in London die Erwartung verbunden, dass er mehr Verständnis für ihre Belange zeigen würde. Hill riskiert damit aber auch einen Konflikt mit den internationalen Bankenaufsehern im Baseler Ausschuss, die die unter dem Schlagwort "Basel III" bekannten Vorschriften ausgearbeitet hatten. Von dort hatte sich die EU bereits einen Rüffel geholt, weil sie den Verbriefungsmarkt ankurbeln will und dafür von den Basel-III-Regeln abweicht. Andererseits gehen einige nationale Aufsichtsbehörden wie die Bank von England über die Vorgaben von Basel III hinaus und verlangen von ihren Banken dickere Eigenkapitalpolster. (Reuters, 15.7.2015)