Dafür muss der Kunde ein profanes Stromkabel in die Hand nehmen und eine Steckdose aufsuchen. Ach ja: und sich die S-Klasse leisten können.

Wer sich eine Mercedes-S-Klasse leisten kann und will, dessen oberstes Kaufmotiv ist nicht unbedingt der Spargedanke. Damit offenbart die Variante Plug-in-Hybrid einen gewissen Widerspruch in sich. An sich geht es bei dieser Technik ums Sparen, nämlich ums Benzinsparen. Andererseits kostet dieser Wagen in der Basisvariante 112.340 Euro, die so in freier Wildbahn aber so gut wie nie vorkommt, und in der aufgepeppten Variante nach einem Streifzug durch die Aufpreisliste mit einem Einkauf von allem, was schön, nützlich und hilfreich ist, etwa 150.000 Euro.

Wer sich eine S-Klasse zulegt, der hat das Sparen also in der Regel nicht nötig. Dennoch geht es beim Plug-in-Hybrid genau darum. Immerhin ist – bei sachgerechter und kundiger Handhabung freilich – ein Benzinverbrauch von theoretisch drei Litern auf 100 km möglich. Auf dem Papier stehen sogar 2,8 Liter.

Foto: Gluschitsch

Wer mit der S-Klasse sparen will, spart also nicht aus Spargründen, sondern aus ideologischen, weil er zum Beispiel ein besserer Mensch sein will und auch als reicher Mensch seinen Beitrag leisten will. Oder weil er der Avantgarde angehören will, jenem kleinen Kreis von interessierten Menschen, die dem technischen Fortschritt den Weg ebnen, die sich die Zukunftstechnologie zu eigen machen wollen.

Warum auch immer: Nachdem erst einmal die Grundinvestition getätigt ist, lässt sich mit höchstem Luxus und Genuss sparen. Ohne dass einem was dabei abgeht. Das Ganze schmeckt überhaupt nicht nach Sparen, im Gegenteil. Man hat Platz ohne Ende, die S-Klasse mit Plug-in-Hybrid gibt es vorerst nämlich nur in der Langversion, das sind also gut fünfmeterfünfundzwanzig in der Länge. Und beim Fahren fehlt auch absolut nichts.

Foto: Gluschitsch

Diese S-Klasse beschleunigt in 5,3 Sekunden, die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 250 km/h, dem Umweltgedanken wird also ohne jegliche Einbußen gefrönt. Der Antrieb besteht aus einem 3,0-Liter-6-Zylinder-Benziner, der für sich 333 PS leistet. Der Elektromotor kommt auf 115 PS, die Systemleistung liegt bei 442 PS. Das maximale Drehmoment dieses Antriebsaggregats: 650 Nm, also gewaltig.

Das Laden der Lithium-Ionen-Akkus dauert an der normalen Haushaltssteckdose drei bis vier Stunden, an der sogenannten Wallbox zwei Stunden. Noch muss man tatsächlich mit einem Kabelsalat wirtschaften und das Auto an die Steckdose hängen, was nicht unbedingt zur Attitüde des klassischen S-Klasse-Kunden passt. Mercedes arbeitet mit Hochdruck an einer Induktionsvariante, die das Kabel und den profanen Stecker überflüssig macht.

Foto: Gluschitsch

Geladen kann übrigens auch während der Fahrt werden, das dauert rund eine halbe Stunde und kostet in etwa zwei Liter Mehrverbrauch, die dann wieder im Gleitflug eingespart werden können. Die elektrische Reichweite durch das Laden an der Steckdose beträgt laut Normverbrauchstest 33 km, in der Praxis ist es aber wohl nur die Hälfte. Im Rekuperationsbetrieb unterwegs kommt aber auch wieder was rein, also kommt man ganz gut durch den Stadtverkehr.

Foto: Gluschitsch

Wann jetzt elektrisch oder mit Verbrennungsmotor gefahren wird, lässt sich kaum noch heraushören, so leise sind beide Antriebe. Den Elektroantrieb nimmt man sowieso nicht akustisch wahr, in der S-Klasse ist mittlerweile aber auch der Benzinmotor nicht mehr zu hören. Die Limousine gleitet also tatsächlich mit Würde und Ruhe durch den Verkehr. Da kann man beruhigt Gas geben, hat ein reines Gewissen – und freut sich schon wieder auf das Sparen. (Michael Völker, Rondomobil, 17.7.2015)

Technik

  • Preis: 112.340 €
  • Systemleistung: 325 kW (442 PS)
  • Beschleunigung: 5,3 sec 0-100 km/h
  • Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
  • Ladedauer: 4 h (Haushaltstrom), 2 h über Wallbox
  • Elektrische Reichweite: 33 km
  • Normverbrauch (gesamt): 2,8 l / 100 km

Link

Mercedes

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

Foto: Gluschitsch