Wien – 1882 entdeckten österreichische Forscher in einer Höhle in Südmähren Überreste von mehreren Individuen von Homo sapiens. Mit einem Alter von 35.000 Jahren ist es einer der ältesten Funde anatomisch moderner Menschen in Europa. Nun sollen erstmals DNA-Proben entnommen und vom Paläogenetiker Svante Pääbo vom Max Planck-Instituts für Evolutionäre Genetik in Leipzig untersucht werden.
Es habe in den vergangenen Jahren schon zahlreiche Anfragen gegeben, die DNA der Funde zu untersuchen. Bisher habe man aber immer abgelehnt, sagte die Leiterin der Anthropologischen Abteilung im NHM, Maria Teschler-Nicola, am Dienstag. Die Technik sei nun aber soweit, dass nur winzige Proben entnommen werden müssen. Deshalb habe man nun zugestimmt, so die Anthropologin. In den nächsten Wochen sollen nun die Entnahmen erfolgen.
Genau Datierung dank zahlreicher Beifunde
Die Schädel-, Zahn- und Knochen-Funde aus einer Höhle nahe dem tschechischen Dorf Mladec (deutscher Name: Lautsch) in Südmähren zählen zu den ältesten Fundstücken vom frühen modernen Menschen in Europa. Die Wissenschafter der Akademie der Wissenschaften und des damaligen Naturhistorischen Hofmuseums (heute Naturhistorisches Museum Wien, NHM) haben damals auch zahlreiche archäologische Beifunde geborgen. Damit sei eine sehr genaue Datierung möglich gewesen.
Besonders interessiert ist die Anthropologin an den Ergebnissen der DNA-Analyse hinsichtlich der Höhe des Neandertaler-Anteils in den frühen anatomisch modernen Menschen. Heute weiß man, dass es eine Vermischung zwischen Neandertaler und Homo sapiens gegeben, die bis heute Spuren hinterlassen hat. Demnach tragen Menschen mit Wurzeln außerhalb Afrikas noch immer zwischen einem und drei Prozent Neandertaler-DNA in sich.
Arachaische Züge
Nun soll sich zeigen, ob dieser Prozentsatz bei den frühen modernen Menschen höher war. Von den anatomischen Merkmalen her weisen die in Lautsch gefundenen Knochen sowohl moderne als auch archaische, eher dem Neandertaler zugeordnete Züge auf.
Pääbo hat erst kürzlich die Ergebnisse einer Analyse eines 2002 entdeckten, 37.000 bis 42.000 Jahre alten Kieferknochens aus Rumänien präsentiert. Demnach stammten sechs bis neun Prozent der DNA dieses Menschen vom Neandertaler. (APA/red, 14.7.2015)