Als Gestengras wird die junge Gerste bezeichnet – sie soll über besondere Wirkungen verfügen. Allerdings gibt es dafür keinen einzigen Beleg.

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Gerald Gartlehner nimmt für derStandard.at regelmäßig aktuelle Studien unter die Lupe.

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Vielleicht ist das noch zu dünn für eine Daumenregel, aber gerade bei Nahrungsergänzungsmitteln drängt sich der Verdacht auf: je größer die Versprechungen, umso weniger wissenschaftliches Fundament gibt es.

So wird beispielsweise bei Gerstengras nicht mit Behauptungen gegeizt: Gerstengras hilft angeblich dem Körper, mit radioaktiver Strahlung besser fertigzuwerden, beseitigt krebserregende Giftstoffe und Schwermetalle, verbessert die Stimmung, hilft bei Neurodermitis und unterstützt den Kreislauf – so die Liste der Versprechen.

Bei so viel Wirkung muss es den Rindern besonders gut gehen, denn tatsächlich eingesetzt wird Gerstengras als Mastfutter. Gerstengras ist nichts anderes als die junge Gerstenpflanze, sie enthält tatsächlich zahlreiche Nährstoffe.

Keine Untersuchungen

Der Haken: Wir konnten keine klinischen Studien finden, die gezielt die Wirksamkeit von Gerstengras beim Menschen untersuchen. Einzig Laborstudien an Zellkulturen wurden bisher durchgeführt. Darin wird beschrieben, dass bestimmte Krebszellen mit Hilfe von Gerstengras absterben. Im Reagenzglas wirken sehr viele Stoffe gegen Krebszellen, das sagt leider noch nichts darüber aus, was die Stoffe beim lebenden Menschen bewirken.

Aber wenn Gerstengras so viele Vitamine enthält, dann ist es doch bestimmt gesundheitsfördernd, oder? Es ist wie bei allen Nahrungsergänzungsmitteln: Ein hoher Vitamingehalt garantiert noch keine gesundheitlichen Vorteile; die meisten Menschen in Österreich nehmen genügend Vitamine und Mineralstoffe über die normale Nahrung zu sich, eine Ergänzung ist schlicht überflüssig. Es gibt sogar Hinweise, dass bestimmte Vitamine negative Folgen haben können, wenn sie über längere Zeit hoch dosiert eingenommen werden.

Gerstengras wird übrigens auch als Katzengras für Wohnungskatzen verwendet – diesbezüglich sind uns allerdings weder Studien noch überzogene Heilsversprechen untergekommen. (Gerald Gartlehner, 24.7.2015)