Vier von 100.000 Menschen erkranken jährlich an Akuten Myeloischen Leukämie (AML). Bei zehn Prozent dieser Erkrankungen liegt die Ursache bei Mutationen in einem "Genschalter", der Blutzellen nicht ausreifen lässt. Eine Forschungsgruppe um Giulio Superti-Furga vom Forschungszentrums für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat die molekularen Ursachen geklärt.

Die Studie des Forscherteams um den wissenschaftlichen Leiter des Wiener CeMM erfolgte in Kooperation mit zahlreichen internationalen Wissenschaftern und ist am Montag in "Nature Chemical Biology" veröffentlicht worden.

Fehlerhafter Genschalter

Bei dem fehlerhaften "Genschalter" handelt es sich um eine verkürzte Form des Transkriptionsfaktors C/EBPa, dem ein signifikantes Endstück fehlt. Dadurch reifen Blutstammzellen nicht richtig aus. Krebszellen bleiben in einem frühen Stadium der Entwicklung stecken. Das fördert auch ihr unkontrolliertes Wachstum beziehungsweise ihre unkontrollierte Teilung.

Die Wirkung des mutierten Transkriptionsfaktors – solche Proteine steuern das Ablesen der Erbsubstanz und somit deren Aktivierung oder Deaktivierung – erfolgt offenbar selektiv über das Eiweiß Wdr5. Eine genetische Inaktivierung von Wdr5 kann wiederum die Differenzierungsblockade in den Blutstammzellen aufheben und zu einer normalen Ausreifung führen.

Kandidat für Therapien

In Kooperation mit dem Structural Genomics Consortium (SGC) in Toronto in Kanada konnten die Wissenschafter schließlich mit dem synthetisch herstellbaren kleinen Wirkstoffmolekül OICR-9429 eine Substanz finden, welche die Funktion von Wdr5 behindert.

"Dieser neue chemische Wirkstoff induziert die Differenzierung in AML-Zellen und inhibiert selektiv die Vermehrung von AML-Zellen von Patienten mit C/EBPa-Mutationen", hieß es in einer Aussendung des CeMM. Solche Substanzen könnten damit eventuell zu Kandidaten für Therapien gegen diese Form der Akuten Myeloischen Leukämie werden.

"Die Arbeit umfasst sowohl die grundsätzliche Beschreibung der molekularen Maschine, also auch die Aufschlüsselung deren funktionellen Bedeutung bei Krebs", sagt Forscher Florian Grebien. Außerdem hätte man bis auf atomare Ebene herab, den Effekt möglicher neuer Wirkstoffe geklärt. Früher hätte man für solche Arbeiten einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren benötigt. (APA, 14.7.2015)