Wien – Mitte April hatte Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) die Familienorganisationen darüber informiert, dass diese im Jahr 2015 wegen "unvorhergesehener budgetärer Engpässe" im Jahr 2015 "bedauerlicherweise" einmalig weniger Förderung erhalten werden.

Statt der insgesamt 442.353,91 Euro im Jahr 2014 werden an Familienorganisationen wie die Kinderfreunde, den Katholischen Familienverband oder die Plattform für Alleinerziehende im Jahr 2015 nur mehr 401.000 Euro aus dem allgemeinen Förderbudget ausgeschüttet. Das geht aus einer Anfragebeantwortung des Familienministeriums (BMFJ) an die Grünen hervor.

"Unvorhergesehene Engpässe"

Am 1. Mai, zwei Wochen nachdem die Familienorganisationen von den "unvorhergesehenen Engpässen" erfahren hatten, erschien in der "Kronen Zeitung" eine 20-seitige Beilage, die in Kooperation mit dem Familienministerium herausgegeben wurde. Kostenpunkt: 99.850 Euro netto exklusive Werbeabgabe und exklusive Mehrwertsteuer.

Judith Schwentner, Familiensprecherin der Grünen, kritisiert im Gespräch mit dem STANDARD, dass im Familienministerium das "Börserl für Inserate derart locker sitzt". Schwentner weiter: "Hätte Ministerin Karmasin auf die Beilage in der 'Kronen Zeitung' verzichtet, so hätten die Kürzungen bei den Familienorganisationen nicht sein müssen".

Informationspflicht

In ihrer Anfragebeantwortung verteidigt die Ministerin die Werbeausgaben. "Ein Inserat im Ausmaß einer Seite kostet in der Krone bunt 33.900 Euro (exklusive Mehrwertsteuer und Werbeabgabe). Für diese Beilage im Umfang von 20 Seiten sind Kosten in Höhe von 99.850 Euro (exklusive Mehrwertsteuer und Werbeabgabe) entstanden." Vor diesem Hintergrund stünden "Kosten und Nutzen in angemessener Relation zueinander."

Zudem habe ihr Ressort gemäß Bundesministeriengesetz und Familienlastenausgleichsgesetz Informationen "betreffend Leistungen des Familienlastenausgleichsfonds und über die Ziele des Ressorts für Bürger/innen und spezielle Zielgruppen bereitzustellen".

Ausschließlich von der ÖVP regierte Bundesländer informierten über ihre Familienleistungen in der von der Familienministerin finanzierten Beilage in der "Kronen Zeitung".

Imageseiten nur für schwarze Bundesländer

Pikant ist: Einzig den schwarz regierten Bundesländern Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg widmet die Ministerin jeweils eine Seite in der Beilage der "Kronen Zeitung". Nur diese Bundesländer haben auf Kosten des Ministeriums die Gelegenheit, über ihre Familienleistungen zu informieren und ihr Familienfest am ersten Mai-Wochenende zu bewerben. Informationen über Familienleistungen der Bundesländer Kärnten, Wien, Steiermark und Burgenland sucht man in der Beilage vergeblich.

Diese Diskrepanz erklärt Karmasin in ihrer Anfragebeantwortung folgendermaßen: "In der Beilage wurden nur jene Bundesländer dargestellt, in denen Anfang Mai ein Familienfest in Zusammenarbeit mit dem BMFJ veranstaltet wurde."

"Zu kurze Vorbereitungszeit"

Auf STANDARD-Anfrage ergänzt Karmasins Sprecher: "Die Familienfeste des BMFJ haben dieses Jahr das erste Mal stattgefunden – aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit war es nicht möglich mit allen neun Bundesländern Kooperationen einzugehen." 2016 sollen alle Bundesländer eingeladen werden, solche Familienfeste zu veranstalten.

Schwentner: "Wenn sich Karmasin schon auf ihre Informationspflicht beruft, dann muss das für alle Bundesländer gelten. Dass nur ausgewählte Bundesländer bedacht werden, ist höchst problematisch."

Ministerium lud in Wien zum Picknick

Karmasins Ministerium hatte übrigens ebenfalls zum Familienfest geladen. Das Picknick am 3. Mai im Wiener Augarten schlug mit 51.250 Euro exklusive Umsatzsteuer zu Buche. (Katrin Burgstaller, 15.7.2015)