Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras.

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Eines fernen Tages werden Zeitzeugen der siebzehnstündigen Verhandlungen erhellen, was zwischen den "Euros" und Alexis Tsipras geschah. Dem TV-Zeugen bleiben vorerst nur Worte und Bilder, die rund um die Nacht der offenen Augen und danach entstanden.

Kanzlerin Merkel trug nicht Tsipras’ Kopf unterm Arm, als sie in der Früh erklärte, die Vorteile der Einigung würden überwiegen. Auch Tsipras wirkte recht entspannt, sprach vom Weiterkämpfen und war – nach Stunden auf der Euro-Streckbank – keinesfalls auf die Länge von fünf Meter angewachsen. Rätselhaft ruhig das alles; viel dramatischer die Sonntagsworte, mit denen kluge Menschen das Geschehen spekulativ verzierten.

ORF-Zeugin Cornelia Primosch etwa: Der griechische Premier, dem Jean-Claude Juncker zur Begrüßung tatsächlich ein Wangenbussi gab, müsse "sich opfern", sich "unterwerfen", sein "Kopf wird gefordert" vermutete sie. Oder Peter Fritz: Tsipras müsse "kapitulieren", mutmaßte er, während Im Zentrum Johannes Voggenhuber tobte, Tsipras würde ein "Freifahrschein ins Fegefeuer" zur Unterschrift vorgelegt.

Es erinnerte zwar einer an ein griechisches Sprichwort ("Er wollte eine Perücke kaufen, kam jedoch mit einem glattrasierten Schädel zurück"), doch keiner lachte. Vor allem nicht EU-Oberparlamentarier Martin Schulz. Er habe schon vieles erlebt, "aber solch eine Atmosphäre nicht". Am Morgen danach aber diese Ruhe. Historiker werden sie dereinst als gespenstisch oder als eine nach dem Sturm klassifizieren. Sicher scheint bis dato nur: Die Formulierung "letzte Chance" hat unendlich viele Steigerungen. Und es wurden im TV wohl noch nicht alle gesichtet. (Ljubiša Tošić, 13.7.2015)