Wie hart verhandelt wurde, zeigt allein die Dauer: Mehr als 17 Stunden. Seit Beginn der Finanzkrise 2007 haben EU-Verhandlungen noch nie so lange gedauert. Der Grexit, ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone, konnte vorerst abgewendet werden, ist aber noch nicht vom Tisch.

Denn Griechenland wird nun fast Unmögliches abverlangt: Bis Mittwoch sollen sechs Reformmaßnahmen im Athener Parlament beschlossen werden, darunter so massive Einschnitte wie die Anhebung der Mehrwertsteuer und die Reform des Pensionssystems, die eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre vorsieht. Man stelle sich vor, eine solche Forderung würde an die österreichische Regierung gestellt werden, die seit Jahren über eine Pensionsreform diskutiert.

Garantien für neue Gelder

Griechenlands Premier Alexis Tsipras blieb nichts anderes übrig, als diese Bedingungen zu akzeptieren im Gegenzug dafür, dass über ein neues, drittes Hilfsprogramm für Griechenland verhandelt wird. Die Geldgeber wollen Garantien, bevor sie neue Mittel bereitstellen, denn die griechischen Regierungen haben seit Jahren viel versprochen, aber wenig eingehalten.

Knackpunkt war ein Privatisierungsfonds, der nach deutschem Wunsch mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro eingerichtet werden soll. In diesen Fonds sollen die Gelder aus der Privatisierung eingezahlt werden, darauf sollen die Gläubiger Zugriff haben. Das ist auch eine Form von Garantie, aber ein massiver Eingriff in die Souveränität eines Landes. Tsipras konnte am Ende aber durchsetzen, dass der Fonds nicht in Luxemburg, sondern in Athen eingerichtet und ein Teil der Mittel für Investitionen genutzt wird.

Massive Daumenschrauben

Das waren massive Daumenschrauben, die die Europartner, allen voran Deutschland, angelegt hatten. Ein Teil der Forderung war eine Demütigung und auch eine Art Strafaktion für Tsipras, der die Gesprächspartner in Brüssel mit seiner Ankündigung eines Referendums über das Sparprogramm vor zwei Wochen vor den Kopf gestoßen hatte.

Als Opportunist gilt er nun in Brüssel wie in Athen, wo Teile seiner Partei gegen ihn rebellieren. Ob er das Reformpaket in seiner Syriza-geführten Koalition und im Parlament durchbringt und weiter Premier bleiben kann, könnte sich schon diese Woche entscheiden.

Mehr als bisheriges Sparpaket

Vor allem Deutschland hat den Druck an diesem Wochenende massiv erhöht – und zwar mit handfesten Drohungen: Finanzminister Wolfgang Schäuble hat ein Positionspapier in Umlauf gebracht, in dem die Option eines Grexit auf Zeit, eines Ausscheidens Griechenlands aus der Währungsunion für fünf Jahre, erwähnt wird. Zwar konnte sich Deutschland mit diesen Forderungen bei den Europartnern nicht durchsetzen, aber Griechenland wird diesmal sehr viel mehr abverlangt als das in dem Referendum abgelehnte Sparprogramm. (Alexandra Föderl-Schmid, 13.7.2015)