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Daniel Teklehaimanot in den begehrten Punkten.

Foto: AP/Cipriani

Jahrzehntelang war der Radsport eine Domäne der Europäer; der zähen Franzosen wie Jacques Anquetil, der dominanten Belgier wie Eddy Merckx, der verspielten Italiener wie Giuseppe Saronni, der grimmigen Spanier wie Miguel Indurain und der deutschen Kraftwerke wie Jan Ullrich. Vereinzelt störten Kolumbianer wie Luis Herrera und US-Amerikaner wie Lance Armstrong.

Und schon kommt der nächste Exote den Berg raufgehechelt: Daniel Teklehaimanot aus Eritrea ist seit wenigen Tagen stolzer Träger des Polka-Trikots, jenes weißen Leiberls mit roten Punkten, das der beste Bergfahrer der Tour de France tragen darf. Vor ihm schafften bloß die Südafrikaner Daryl Impey (gelbes Trikot des Gesamtführenden) und Robert Hunter (weißes Trikot des besten Nachwuchsfahrers) Ähnliches.

In Grund und Boden

Jedes Jahr gilt das achttägige Critérium du Dauphiné in Südfrankreich als wichtigstes Vorbereitungsrennen für die Tour. Und Teklehaimanot fuhr sie vor wenigen Wochen alle in Grund und Boden – zumindest auf dem Berg.

Nun also auch Bergdominator der Tour, zwar noch vor den anspruchsvollsten Pyrenäen- und Alpen-Teilstücken, aber immerhin. Dabei galt Teklehaimanot bisher eher als Zeitfahrspezialist. Also nicht steil und schnell, sondern flach und schnell – zwei Disziplinen wie Slalom und Abfahrt. Er hat auch eher den Körperbau eines Flachlandrasers: Mit 188 Zentimetern und 71 Kilogramm ragt er weit hinaus über die Berg-Jockeys, die kaum 170 Zentimeter bei 55 Kilogramm erreichen.

Dabei schien die Karriere des sehr gläubigen Christen schon frühzeitig beendet, als 2009 Tachykardie diagnostiziert wurde. Herzrasen ist denkbar ungünstig für einen Ausdauersportler. Doch nach einer Operation war das Problem behoben, und er wurde kontinentaler Seriensieger. Teklehaimanots Palmarès weist bisher 21 Siege und 31 Podien auf. Das Polka-Trikot ist der bisherige Höhepunkt: "Das war mein Traum, schon seit meiner Kindheit. Jetzt bin ich da." Und da wird er wohl auch noch bleiben. Rad-Legende Bernard Hinault traut ihm eines Tages sogar den Gesamtsieg zu.

Spenden

Bemerkenswert ist auch Teklehaimanots afrikanisches Team MTN-Qhubeka, das während der Tour Geld- und Sachspenden für bedürftige Menschen sammelt. Bis zur Zieleinfahrt in Paris am 26. Juli sollen 5000 Fahrräder zusammenkommen. Die haben zu Hause freilich kaum den Zweck eines Sportgerätes, sondern allzu oft jenen eines existenziell wichtigen Fortbewegungsmittels. (Gianluca Wallisch, 12.7.2015)