Wenn man 20 Jahre lang die Karriere Silvio Berlusconis und die Idiotisierung der italienischen Politik mit einer – euphemistisch gesagt – gehörigen Portion Antipathie verfolgt hat, dann wundert man sich über sich selbst, wenn sich plötzlich fast so etwas wie Mitleid mit ihm einstellt. Die Protokolle seiner Telefonate mit den ehrgeizigen jungen Damen, denen er Autos, Wohnungen, Möbel, Kleider, Schmuck, Reisen finanzierte – aus Dankbarkeit für ihre Freundschaft oder doch für ihr Schweigen ist die juristische Frage -, zeigen einen müden, alten Mann, der sich ausnehmen lässt wie ein Suppenhuhn.

Die "Olgettine" – so benannt nach einem Palazzo in Milano Due, in dem ihr Gönner ihnen Wohnungen zur Verfügung stellte – taten sich zum Telefonterror zusammen, als sich der Goldesel etwas verstopft zu zeigen begann. Vor Gericht hatten sie ausgesagt, dass die Bunga-Bunga-Partys in Wahrheit Strickkränzchen waren – und vor allem, dass der Premier Minderjährigen höchstens nahekam, um mit ihnen mit Barbiepuppen zu spielen.

Die nun auch schon längst großjährige Ruby – die falsche Nichte Mubaraks – kostete ihn sieben Millionen Euro. Irgendwie eine tüchtige Frau – die Rächerin aller von Berlusconi Beleidigten, zu denen immerhin auch die deutsche Kanzlerin gehört. Und Berlusconi hätte sich wohl nie träumen lassen, dass die Furien, die ihn dereinst verfolgen werden, nicht aussehen wie Alice Schwarzer. (Gudrun Harrer, 13.7.2015)