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Kehraus bei den Iran-Gesprächen in Wien: Am Sonntag gab es Hinweise auf einen bevorstehenden Abschluss.

Foto: EPA / APA / Hans Punz

Wien – Selten wird schon ein Verhandlungsbeginn als "historischer Durchbruch" bezeichnet: Auf die am 24. November um halb fünf Uhr früh in Genf unterzeichnete Vereinbarung zwischen dem Iran und den internationalen Verhandlern (EU, USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China und Deutschland) traf dies jedoch zu. In einem JPOA (Joint Plan of Action / Gemeinsamer Aktionsplan) wurden die Prinzipien der kommenden Verhandlungen über das iranische Atomprogramm festgelegt, die Verpflichtungen für die einzelnen Parteien; aber vor allem, worum es in den Verhandlungen ging.

Um den JPOA abzuschließen, wurde in drei Runden ab September 2013 verhandelt, erstmals saßen sich dabei US-Außenminister John Kerry und sein iranischer Amtskollege Mohammed Javad Zarif direkt gegenüber.

Energiebedarf des Iran

Womit sich die Gegner der Verhandlungen bis heute nicht abfinden können: Zwar wurden dem iranischen Urananreicherungsprogramm für die Laufzeit des JPOA Limits gesetzt, aber das, was in Uno-Sicherheitsratsresolutionen seit 2005 gefordert wurde, nämlich der sofortige Halt jeglicher Anreicherung, war Geschichte.

Im Gegenteil, der JPOA gab dem Iran implizit das, was er gefordert hatte: die politische Anerkennung, dass er den Bedarf für die Produktion von LEU (low enriched uranium / niedrig angereichertes Uran) hatte. Die künftigen nuklearen Energiebedürfnisse des Iran festzustellen, war ein Verhandlungsziel. Und für das Zurückschrauben seines laufenden Programms bekam der Iran Sanktionserleichterungen.

Weiche Deadlines

Die Vorbereitungen für die Umsetzung des JPOA begannen sofort, daneben wurde eine Schiene zwischen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und dem Iran institutionalisiert, mittels derer offene kritische Fragen zur Vergangenheit des Atomprogramms – Hinweise auf frühere Forschung im militärischen Bereich – bearbeitet werden sollten. Das ist nur teilweise geschehen, wie damit weiter umgegangen wird, war ein Punkt bei den Wiener Verhandlungen.

Am 20. Jänner 2014 trat der JPOA offiziell in Kraft – da hob die EU einen Teil ihrer Sanktionen gegen den Iran auf (und muss auch bei jeder Verlängerung der Gespräche eine formelle Verlängerung der Sanktionslockerung nachziehen). Die ursprüngliche Laufzeit waren sechs Monate, also bis 20. Juli 2014. Diese Deadline – und damit der JPOA – wurden bis Ende November 2014 und dann noch einmal bis Ende Juni 2015 verlängert, wobei Ende März ein Rahmenabkommen stehen sollte.

Streit über die Interpretation

Was mit ein paar Tagen Verzögerung am 3. April in Lausanne gelang: Die neue Vereinbarung – JCPOA / Joint Comprehensive Plan of Action – enthielt etliche unklare Formulierungen. Der Streit über die Interpretation zwischen Teheran und Washington folgte auf dem Fuße.

Bereits der JPOA von November 2013 hatte, wie gesagt, für den Iran die Verpflichtung zur Deckelung seines Anreicherungsprogramms enthalten. Im Wesentlichen durfte der Iran Uran nicht auf über fünf Prozent anreichern, d. h. die Anreicherung auf 19,75 Prozent einstellen – 20 Prozent sind die Schwelle von LEU zu HEU (high enriched uranium), seine Bestände von 19,75-Prozent-LEU auflösen, jene von bis zu Fünf-Prozent-LEU einfrieren ebenso wie seine Anreicherungskapazität (nicht alle Anreicherungszentrifugen dürfen in Betrieb sein).

Konten und Sanktionen

Weiters eingefroren wurden die Arbeiten am fast fertiggestellten Schwerwasserreaktor in Arak. Dafür wurden beschränkt eingefrorene iranische Guthaben im Ausland wieder flüssiggemacht und bestimmte Sanktionen suspendiert.

Für die internationalen Verhandler ging es ja stets darum, die Break-out-Zeit des Iran – das ist die Zeit, die man braucht, um genügend Material für eine Bombe anzureichern – für eine signifikante Zeit signifikant zu erhöhen. Der JCPOA im April gab eine erste Ahnung, wie ein Deal aussehen würde: Der Iran würde beschränkt anreichern, aber sein angereichertes Uran nur in sehr beschränktem Umfang behalten dürfen.

Bloß kein Gesichtsverlust

Teilweise wurden gesichtswahrende Kompromisse gefunden, wie die Rekonfigurierung des Reaktors in Arak oder die Umwandlung der als unterirdische Anreicherungsstätte ausgelegten Anlage Fordow in ein Forschungszentrum, in dem 15 Jahre lang keine Zentrifugenforschung stattfinden und kein spaltbares Material ins Spiel kommen dürfe.

Beide Parteien konnten behaupten, dass sie ihre Ziele in Fordow und Arak erreicht hätten. Andere Punkte blieben vage – jetzt in Wien konnte man sich nicht mehr darüber hinwegschwindeln. (Gudrun Harrer, 13.7.2015)