Die Rede, mit der er sich am Donnerstag – unfreiwillig – vom Amt des burgenländischen Landtagspräsidenten verabschiedete, hatte es in sich. Nicht nur zieh er die "Niessl-SPÖ", mit Rot-Blau das Sozialdemokratische an der SPÖ verraten zu haben. Der "bloße Wahlverein" halte auch den Landtag am exekutiven Gängelband nach dem Motto: "Der Wähler hat entschieden, aber der Niessl wird's schon biegen."

Das rote pannonische Urgestein aus Siegendorf/Cindrof – dort machte Steier auch lange den Bürgermeister – ist nicht der erste Rote, der Burgenlands SPÖ den Rücken zuwendet. Aber wohl der Prominenteste. Einer, der der ehemals eigenen Partei besonders wehtut.

Frontal attackiert Steier Parteichef Hans Niessl nicht nur wegen der rot-blauen Koalition, sondern vor allem wegen des autoritären Führungsstils. Dass der studierte Germanist und Lehrer, rote Nationalrat (2002 bis 2008), Landtagsabgeordnete und -präsident (2010 bis 2015) dies nur aus Frust tat, weil ihn seine Partei nicht mehr als Präsident nominierte, ist die nun oft gehörte Retourkutsche aus der Partei.

Steiers Nichtberücksichtigung fürs Landtagspräsidium hat freilich auch juristische Gründe. Aus seiner Zeit als Bürgermeister hatte er eine Amtsmissbrauchsanklage wegen der Scheinanmeldung ungarischer Kinder am Hals. Dass er davon unlängst im Zweifel freigesprochen wurde, kam zu spät. Längst hatte da die SPÖ sich für Nachfolger Christian Illedits entschieden.

Aber längst war da diese SPÖ schon nicht mehr die von Gerhard Steier, sondern eben die "Niessl-SPÖ", der er am Donnerstag ein paar Weisheiten ins Stammbuch notiert hat. Nicht nur die, dass eine Partei halt auch Werte zu vertreten habe. Sondern dass sie dies im Rahmen der Verfassung – also innerhalb der Gewaltenteilung – zu tun habe.

Der 59-Jährige, Vater zweier Töchter, erschien und erscheint vielen – nicht zuletzt in der "Niessl-SPÖ" – als ein wenig eitel und arrogant. Tatsächlich pflegt er – und so was wird ja nicht selten als affektiert empfunden – eine sehr korrekte, den Regeln der Grammatik folgende, sogar Nebensätze integrierende Redeweise. Aus dieser sticht ganz besonders das stimmhafte S heraus, das sogar im Steier'schen Anlaut klingt, als käme da eine Hummel geflogen. Das wirkt zuweilen tatsächlich, als rede dieser Gerhard Steier wie mit abgespreiztem kleinem Finger. Dabei ist es doch nichts anderes als die hohe Kunst des Kroaten, Zagreb – also Ssssssagreb – zu sagen. (Wolfgang Weisgram, 9.7.2015)