Das Wrack der ersten Rainbow Warrior vor der Küste Neuseelands, wohin es nach den Explosionen geschleppt worden war. Der Anschlag war der Anfang vom Ende für Frankreichs Atomtests.

Die Umweltschützer waren etwas angespannt: In Kürze wollten sie den Hafen von Auckland in Neuseeland verlassen und mit ihrem Schiff Rainbow Warrior Kurs auf das Mururoa-Atoll im Südpazifik nehmen, wo Frankreich neue Atomversuche plante.

Die Besatzung wollte zu Bett gehen, als um 23.48 Uhr eine Explosion den Dreimaster erschütterte. Sofort wurde das Schiff evakuiert. Nur Fotograf Fernando Pereira ging noch unter Deck, um seine Kamera zu holen. Um 23.51 Uhr folgte eine zweite, weit schwerere Explosion. Sie riss ein so großes Lock in die Bordwand, dass das Schiff binnen kurzem sank. Und sie tötete den portugiesischen Fotografen – am 10. Juli 1985. Es war der Auftakt zur gravierendsten Affäre des französischen Geheimdienstes DGSE.

Schweizer Paar verheiratet

Die neuseeländische Polizei verhaftete ein vermeintliches Schweizer Touristenpaar – zwei DGSE-Agenten. Sie hatten die beiden Sprengladungen mit Magneten an der Bordwand angebracht; die erste sollte die Besatzung vertreiben, die zweite drei Minuten später zum Schiffbruch führen.

In Paris folgte darauf die dritte Explosion – eine politische. Die Journalisten stürzten sich auf den Vorgesetzten des DGSE, Verteidigungsminister Charles Hernu. Der wollte aber von der Operation nichts gewusst haben, obwohl Le Monde und Canard Enchaîné immer mehr Details enthüllten. Der DGSE hatte schon vergeblich Zucker in den Treibstoff des Rainbow-Motors geschüttet und alternativ geplant, die Schiffsschraube zu beschädigen oder die Besatzung mit der Ruhr anzustecken. Ziel war es, die Ausfahrt des Greenpeace-Bootes Richtung Mururoa zu verhindern, wo die Atomversuche fern jeder unabhängigen Aufsicht stattfanden.

Unberührbarer Präsident

Die Journalisten wollten bald wissen, ob Hernu an Rücktritt denke. Er lachte. Kurz darauf, im September 1985, musste er aber auf Weisung von Präsident François Mitterrand den Hut nehmen. Premier Laurent Fabius – heute Außenminister – gab zu, was alle wussten: "Agenten des DGSE haben die Rainbow Warrior versenkt. Sie handelten auf Befehl."

Doch auf wessen Befehl? Viele ahnten es. Aber ein Amtsträger war in Paris unberührbar wie früher der König in Versailles. Es vergingen mehrere Jahre, während denen Paris widerstrebend daran ging, die diplomatischen Spannungen mit Neuseeland abzubauen und Greenpeace mit 50 Millionen Francs abzufinden.

1995 beendete Mitterrand sein Mandat; ein Jahr später starb er. Erst 2005 veröffentlichten Medien einen Geheimbericht. Ex-Geheimdienstchef Pierre Lacoste hält darin fest, dass er den Präsidenten zwei Monate vor der Operation besucht hatte, um zu erfahren, ob er die Operation gegen Greenpeace decke: "Er gab mir seine Zustimmung, indem er die Bedeutung für die Atomversuche hervorhob."

Auftrag von ganz oben

Der oberste Auftraggeber war also der Staatschef selbst gewesen. Und das Tatmotiv die Nuklearpolitik. Erreicht wurde aber das Gegenteil: Greenpeace schuf sich im Zuge dieser Affäre weltweit seinen Ruf furchtloser Umwelteinsätze, während die französischen Atomversuche unter Beschuss gerieten. Mitterrands Nachfolger Jacques Chirac ordnete 1996 die letzte Testserie in Französisch-Polynesien an.

Greenpeace organisiert zum 30. Jahrestag in Paris eine Diskussion zum Thema "Bedrohte Aktivisten: Zivilgesellschaft in Gefahr". Ironischerweise in einem Hausboot. (Stefan Brändle aus Paris, 10.7.2015)