In Rumänien hat sich der österreichische Außenminister keine Freunde gemacht. Seinen Vorstoß, die Familienbeihilfe für EU-Ausländer an das Niveau der Herkunftsländer anzupassen, untermauerte Sebastian Kurz stets mit dem Beispiel: Ein Rumäne, der hier arbeitet, bekommt für seine zwei Kinder in der Heimat 300 Euro Familienbeihilfe. Insgesamt überweise Österreich pro Jahr 150 Millionen Euro für Kinder im Ausland, was, so zumindest die Kurz-Sicht, zu viel sei. Die ÖVP ist in dieser Frage auf Linie mit den Briten, die seit längerem Sozialleistungen für Zuwanderer hinterfragen.

Was in diesem Zusammenhang kaum diskutiert wird, ist, wie stark europäische Firmen, allen voran die österreichischen, von der EU-Osterweiterung profitiert haben. Am Beispiel des heimischen Energiekonzerns OMV: Der einstige rumänische Staatsgigant Petrom spülte seit der Übernahme im Jahr 2004 operative Gewinne im Ausmaß von rund zehn Milliarden Euro in die OMV-Bilanzen. Aus rumänischer Sicht ergibt sich ein ambivalentes Bild: Zwar wurden laut Unternehmen 90 Prozent der Gewinne reinvestiert, gleichzeitig wurden über die Jahre aber auch 50.000 Stellen gestrichen. Aus österreichischer Sicht waren die Rumänien-Aktivitäten jedenfalls ein Gewinn für den Staat – schließlich ist er mit 31,5 Prozent an der OMV beteiligt.

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Mit der Rumänien-Tochter Petrom verdiente die OMV bisher prächtig.
Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Die größten Investoren

Ein Unternehmen ist aber natürlich noch nicht repräsentativ für ein ganzes Land. Der STANDARD hat sich daher die Bilanz für die gesamte heimische Wirtschaft angesehen. Was dabei sofort ins Auge sticht: Österreich gehört in fast allen osteuropäischen Ländern, die ab 2004 der EU beigetreten sind (siehe Infobox), zu den größten Investoren. In Slowenien und Kroatien nimmt man bei den Direktinvestitionen sogar Platz eins ein, in Bulgarien, Rumänien, Tschechien und der Slowakei liegt man aktuell auf dem zweiten Rang, in Ungarn auf dem vierten.

Nicht jede Investition muss aber natürlich ein lukratives Geschäft gewesen sein. Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) hat daher ausgewertet, was unter dem Strich übrig geblieben ist. Eines vorweg: Die ersten beiden Jahre der Erweiterung sind wegen einer statistischen Umstellung nicht vergleichbar.

Ein Viertel reinvestiert

Zwischen 2006 und 2014 haben die österreichischen Unternehmen in den neuen Mitgliedsländern aber fast 31 Milliarden Euro verdient (nur die Werte für Bulgarien fehlen). Ein gutes Viertel (rund 8,3 Milliarden Euro) wurde in den jeweiligen Staaten wieder investiert. Der Rest der Gewinne, also 22,7 Milliarden, floss zurück nach Österreich – führte also hier zu Steuerzahlungen.

Die mit Abstand höchsten Rückflüsse gab es aus Tschechien – mit 6,7 Milliarden Euro. Auf Platz zwei folgt Ungarn mit 3,8 Milliarden.

Über die einzelnen Jahre verteilen sich die Gewinne in den sieben Ländern folgendermaßen:

Kredite und Wertpapiere bringen weitere Milliarden

Damit aber noch nicht genug: Mit Wertpapiergeschäften verdienten die Österreicher zwischen 2006 und 2014 weitere 5,7 Milliarden, Kredit- und Einlagengeschäfte im Osten warfen 10,9 Milliarden Euro ab – obwohl die Banken in den vergangenen Jahren mit heftigem Gegenwind zu kämpfen hatten.

Die geografische Nähe ließ auch die Handelsströme explodieren. Die Warenexporte haben seit dem ersten Erweiterungsschritt im Mai 2004 um 72 Prozent auf zuletzt 25,3 Milliarden zugelegt. Die Importe sind zwar auch kräftig gestiegen, allerdings nicht so stark wie die Exporte, weshalb die Bilanz auch hier eindeutig zugunsten Österreichs ausfällt.

Lediglich bei den Dienstleistungen zeigt sich ein umgekehrtes Bild – sie spielen aber für Österreich insgesamt eine viel kleinere Rolle.

Zu Kapitalabflüssen kommt es natürlich auch durch Gastarbeiter. Sie transferierten zwischen 2006 und 2014 rund 2,9 Milliarden Euro ins Ausland, durch Grenzgänger kamen weitere 6,1 Milliarden Euro dazu.

An der in Summe also deutlich positiven Bilanz wird sich wohl auch in den kommenden Jahren nichts ändern. Das WIIW erwartet heuer ein durchschnittliches Wachstum von drei Prozent in den neuen EU-Staaten. Die dahindümpelnde heimische Wirtschaft darf sich also Hoffnungen auf weitere Ostimpulse machen. (Günther Oswald, Grafiken: Michael Bauer, Fatih Aydogdu, 10.7.2015)