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Reinhold Yabo im Training bei Red Bull Salzburg ...

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... und im Testpiel gegen West Bromwich Albion.

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Als Kapitän der U17 führte er Deutschland 2009 zum Europameistertitel. Der ebenfalls jubelnde Shkodran Mustafi wurde 2014 mit Deutschland Weltmeister.

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Wien/Schladming – Am Mittwoch gelang Österreichs Fußballmeister Red Bull Salzburg gegen den Premier-League-Klub West Bromwich Albion ein deutlicher 3:1-Sieg. Der deutsche Mittelfeldspieler Reinhold "Ray" Yabo lief dabei erstmals im Dress der Bullen auf. Zuvor sprach er mit dem STANDARD noch über Gott und die Fußballwelt.

STANDARD: Fans des Karlsruher SC waren ob Ihres Wechsels zu Red Bull Salzburg erzürnt, Sie wurden via Facebook wüst beschimpft. Warum hat Ihr Abgang die Fans so emotionalisiert?

Yabo: Als meine Entscheidung fiel, konnte ich die Reaktionen bereits erahnen und mich mental darauf vorbereiten. Mir war klar, wie die Fans zu Red Bull stehen, egal ob nun Leipzig oder Salzburg. Der Name Red Bull ist in dieser Region einfach nicht gerne gehört.

STANDARD: Sollte man soziale Medien zur Psychohygiene meiden?

Yabo: Nein, absolut nicht, da müsste man ja die Welt verlassen. Man darf es den Fans auch nicht so übelnehmen, man sollte nicht alles auf sich beziehen. Solche Episoden lassen einen reifen. Das hat mir wieder gezeigt: Das Business funktioniert so.

STANDARD: Sie haben viel für den KSC getan, erwartet man als Fußballer nicht etwas mehr Dankbarkeit oder Respekt?

Yabo: Man sollte es sich zumindest erwarten dürfen. Aber man geht als Spieler nicht davon aus. So ist das Fußballerleben, man muss lernen, mit solchen Situationen umzugehen. Die Engsten wissen, warum ich eine Entscheidung treffe. Viele Fans wissen es nicht, oft wollen sie auch gar nicht verstehen.

STANDARD: Warum fehlt es an Verständnis?

Yabo: Einige haben einen Tunnelblick: ihr eigener Verein, ihre eigene Tradition. Sie nehmen den Spieler oder den Menschen dahinter nicht wahr. Und so können sie auch nicht sehen, dass es für den Spieler vielleicht eine Möglichkeit gibt, sich an anderer Stelle weiterzuentwickeln.

STANDARD: In Österreich schauen die besten Spieler, dass sie so schnell wie möglich den Weg nach Deutschland finden. Warum schlagen Sie den umgekehrten Weg ein?

Yabo: Das Komplettpaket von Red Bull Salzburg ist überragend. Die Spielphilosophie, der Betreuerstab, die Mannschaft, die Bedingungen. Und dann natürlich auch noch die verlockende Möglichkeit, international zu spielen.

STANDARD: Wenn nun jemand behauptet, dass Geld der entscheidende Faktor wäre, was entgegnen Sie?

Yabo: Ich weiß gar nicht, ob ich darauf eingehen würde. Einerseits muss ich mich nicht rechtfertigen, andererseits würden meine Erklärungen wohl kaum durchdringen. Wenn jemand eine festgefahrene Meinung hat, werde ich mit meiner Wahrheit das Bild nicht mehr ändern können. Da spare ich lieber meine Worte.

STANDARD: Sie haben erst wenige Tage mit der Salzburger Mannschaft hinter sich. Können Sie schon einen Vergleich zur zweiten deutschen Liga anstellen?

Yabo: Dazu muss ich erst ein paar Meisterschaftsspiele absolvieren. Das Trainingsniveau in Salzburg ist aber sehr hoch, wir haben große Qualität in der Mannschaft. Die Jungs hier können richtig gut kicken. Und nicht nur das, die können auch laufen.

STANDARD: Red Bull Salzburg ist in Österreich quasi zum Titelgewinn verpflichtet, der budgetäre Vorteil ist enorm. Man kann hier, überspitzt formuliert, nur verlieren. Wie empfinden Sie diese Drucksituation?

Yabo: Aus meiner Perspektive betrachtet muss Red Bull Salzburg gar nichts. Vielleicht sieht die Öffentlichkeit das anders, aber von dieser Erwartungshaltung lasse ich mich nicht beeinflussen. Wir wollen erfolgreich Fußball spielen, das ist unser Ziel. Was am Ende dabei herauskommt, wird man sehen. Wie darauf reagiert wird, liegt nicht in unserer Verantwortung.

STANDARD: Jahrelang hieß das übergeordnete Ziel Champions League, darauf will man sich offiziell nicht mehr versteifen. Wie sieht es tatsächlich aus?

Yabo: Wir spielen international, das ist schon mal eine super Sache, das macht nicht jede Mannschaft. Wenn die Qualifikation für die Champions League gelingt, wow, Hammer, da sagt keiner Nein dazu. Wenn wir es nicht schaffen, ist aber auch nicht die ganze Saison dahin. Es gibt keine Garantien. Nicht auf die Champions League, nicht auf einen Fixplatz in der Startelf.

STANDARD: Ihr Anspruch ist aber schon, eine tragende Rolle zu spielen?

Yabo: Natürlich, sonst hätte ich den Beruf verfehlt. Keiner spielt Fußball, um auf der Bank zu sitzen. Man muss sich immer wieder neu beweisen, den Aufgaben stellen.

STANDARD: Sie haben die deutsche U17-Nationalmannschaft 2009 als Kapitän zum EM-Titel geführt. Ihre Teamkollegen hießen Shkodran Mustafi und Mario Götze, die sind mittlerweile Weltmeister. Haben Sie sich die Profikarriere einfacher vorgestellt?

Yabo: Auf jeden Fall. Ich dachte damals, es würde locker und flockig laufen. Aber dem war nicht so. Die Realität hat mich eines Besseren belehrt. Der Sprung vom Jugend- zum Profifußball ist enorm, ich habe ihn unterschätzt. Bei mir hat es sich nicht so leicht entwickelt, wie ich es mir vorgestellt hatte. Mein Weg ist ein anderer.

STANDARD: Wo lagen denn genau die Schwierigkeiten?

Yabo: Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, kann es ein Segen sein. Zur falschen Zeit am falschen Ort, kann es ein Fluch sein. Was aber nicht heißt, dass man keine Qualität hat. Es braucht eine gute Konstellation.

STANDARD: Man hat Ihnen außergewöhnliches Talent nachgesagt, war auch die hohe Erwartungshaltung ein Problem?

Yabo: Nein, das kann ich komplett ausschließen. Mich interessiert nicht, was andere Menschen von mir denken. Insofern spüre ich auch keinen öffentlichen Druck.

STANDARD: Sie sind sehr religiös …

Yabo: Nein, Moment, ich bin nicht religiös, ich bin gläubig. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Ich muss nicht dieses und jedes Ritual auf meiner To-do-Liste erledigen, um ein guter, braver Christ zu sein. Ich muss in meinem persönlichen Glauben keinen Satz von Regeln befolgen.

STANDARD: Sie sprechen aber über Demut, Anstand, Respekt. Fehlen Ihnen diese Werte im Profifußball?

Yabo: Nein, nicht explizit. Die Probleme, die man dem Profifußball nachsagt, hat man doch in anderen Bereichen genauso. Wenn ich meine Werte in den Sport mitnehmen kann, umso besser. Dass das nicht immer Anklang findet, ist mir auch klar.

STANDARD: Böse letzte Frage: Sind die Gehälter im Profifußball unmoralisch?

Yabo: Nein, würde ich nicht sagen. Man muss auch wahrnehmen, was dahintersteckt, wie viel man vor dem Matchtag investiert. Da laufen nicht nur elf Spieler dem Ball hinterher. Wir arbeiten und spucken und schwitzen derzeit im Trainingslager bei Temperaturen, die andere an den Strand oder ins Schwimmbad ziehen. Und wenn ich von meinem Leben ausgehe: Ich habe meine Jugend geopfert. (Philip Bauer, 9.7.2015)