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Alexis Tsipras in Straßburg

Foto: AP/Jean-Francois Badias

So laut, so derb und so unversöhnlich ist es im Europaparlament wohl noch nie zugegangen: Am Morgen nach der Entscheidung der Staats- und Regierungschefs, eine letzte Frist bis Sonntag für eine Griechenland-Lösung zu setzen, gehen in der Debatte mit dem Athener Premier Alexis Tsipras die Emotionen hoch. Begeisterungsstürme und wahlweise Buhrufe zwingen Parlamentspräsidenten Martin Schulz immer wieder zum Eingreifen. Von einem "Hexenkessel" spricht der sozialistische Fraktionschef Gianni Pittella aus Italien, obwohl doch "das Wohl und Glück Europas in diesen Tagen auf dem Spiel steht".

In einem dramatischen Appell forderte EU-Ratspräsident Donald Tusk eine Lösung, "sonst werden wir in vier Tagen in einem anderen Europa aufwachen". Er sprach davon, dass alle verantwortlich seien: "Es ist nicht so, dass die Kreditgeber böse und unmoralisch sind, während der Schuldner ein unschuldiges Opfer ist."

Tsipras sagte, er sei sich "bewusst, dass wir Verantwortung tragen, um einen historischen Bruch zu verhindern", räumt jedoch nur in einem Punkt Fehler ein: "Wir haben in den fünf Monaten unserer Amtszeit vor allem verhandelt, weniger regiert – das muss ich gestehen." Sonst jedoch beharrt er auf Schuldenerleichterungen, "damit wir nicht alte Kredite mit immer neuen Krediten ablösen müssen". Und er wiederholt, zum Unmut vieler Abgeordneter, den Vorwurf des "Terrorismus" von Seiten der Gläubiger.

"Ich hätte erwartet, dass sich Herr Tsipras für diese inakzeptablen Aussagen entschuldigt, stattdessen hat er nachgelegt", kritisiert der deutsche CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber: "Sie zerstören das Vertrauen in Europa, der Rest Europas hat kein Vertrauen mehr in sie", ruft er unter lautem Protest.

Für Euro- und EU-Skeptiker ist es ein Festtag. "Wir werden Zeugen einer unüberbrückbaren kulturellen Spaltung zwischen Deutschland und Griechenland", sagt Nigel Farage, Chef der britischen Austrittspartei Ukip. Wie Farage empfiehlt auch die Vorsitzende des ultrarechten Front National aus Frankreich, Marine Le Pen, den Griechen den Austritt aus der Währungsunion, um sich wirtschaftlich mit einer abgewerteten Währung zu erholen. (zie, 8.7.2015)