Weder die Republik Österreich noch der Freistaat Bayern haben sich in der Causa Hypo Alpe Adria mit Ruhm bekleckert. Beide wurden vom politischen Abenteurer Jörg Haider instrumentalisiert und haben in einer an Skandalen reichen Ära eine der teuersten Bankenaffären zugelassen. Gier, Feigheit und Inkompetenz haben das Vorgehen in Klagenfurt, Wien und München geprägt.

Doch statt gemeinsam den Schutt nach diesem Desaster wegzuräumen, haben sich Bayern und Österreich in den vergangenen drei Jahren in gegenseitige Schuldzuweisungen und Millionen kostende Rechtsstreitigkeiten verstrickt. Auf beiden Seiten der Grenze gingen die Emotionen hoch: Politiker und Bürger fühlten sich von der anderen Seite über den Tisch gezogen und riefen nach rechtlicher und finanzieller Satisfaktion.

Eine Klage folgte der anderen, bald gab es keinen Sachverhalt mehr, der nicht vor dem Kadi endete: der ursprüngliche Kauf der Hypo, bei dem Kärnten die BayernLB getäuscht haben soll, die Notverstaatlichung, bei der sich die Republik belogen sieht, und vor allem die heikle Frage, ob die Milliardendarlehen, mit denen die BayernLB ihre Österreich-Tochter gestützt hat, nicht als Eigenkapital zu sehen sind, weil der marode Zustand der Hypo damals auch in München bekannt gewesen sein muss. Diese Frage wurde nach österreichischem Recht vor einem Münchner Gericht verhandelt und beruht auf subjektiven Einschätzungen, die sich heute nicht mehr klären lassen. Die Einzigen, die sich dabei freuen konnten, waren die Wirtschaftsanwälte mit ihren hohen Stundensätzen.

Aus diesem Morast gab es von Anfang an nur einen Ausweg: einen Generalvergleich, bei dem alle Klagen fallengelassen werden und die Streitsumme ziemlich genau in der Mitte geteilt wird. Diese Lösung hätte man schon vor zwei oder einem Jahr haben können. Doch beide Seiten dachten, sie könnten sich ihre Position noch ein wenig verbessern. Dass dabei das Klima zwischen zwei engen politischen und wirtschaftlichen Partnern vergiftet wurde, wurde geflissentlich ignoriert.

Für die nun verkündete Einigung mussten beide Seiten zurückstecken. Die Bayern erhalten statt 2,75 Milliarden, auf die sie Anspruch erheben, nur 1,23 Milliarden Euro. Und Finanzminister Hans Jörg Schelling muss sein Versprechen, dass kein weiteres Steuergeld in die Heta fließen wird, brechen. Dafür ist die weitere Sanierung etwas einfacher geworden. Das bringt zumindest politische und atmosphärische Entspannung. In Zeiten der Eurokrise braucht man keine deutsch-österreichischen Ringkämpfe.

Ob der Deal mit den Bayern die Wiener Position gegenüber anderen Gläubigern stärken wird, bleibt fraglich. Die Besitzer der Heta-Anleihen mit Kärntner Landeshaftung werden sich kaum mit einer 45-Prozent-Quote zufriedengeben und die Heta oder das Land Kärnten klagen. Die Enteignung der nachrangigen Hypo-Gläubiger durch Schellings Vorgänger Michael Spindelegger steht auf besonders wackeligen Beinen. Und die Frage, ob die EU-Richtlinie zur Bankensanierung die Abwicklung einer Abbaubank wie der Heta zulässt, muss noch von Gerichten geklärt werden. Auch hier sind starke deutsche Interessen im Spiel.

Aber in all diesen zukünftigen Kämpfen ist es von Vorteil, die Bayern nicht mehr gegen sich zu haben. Der Nachbarschaftsfrieden ist die Zahlung einer guten Milliarde wert.(Eric Frey, 8.7.2015)