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Der Ätna auf Sizilien, Europas aktivster Vulkan, bei einem Ausbruch vom All aus gesehen. Klimaforscher sind überzeugt, dass der Beitrag kleinerer Vulkanausbrüche zum globalen Klima bisher unterschätzt worden ist.

Foto: APA/EPA/NASA

Obwohl die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre kontinuierlich ansteigt, ist die globale mittlere Bodentemperatur im vergangenen Jahrzehnt weit weniger stark angestiegen als die Modelle vorhersagen würden. Mittlerweile gibt es mehrere mögliche Thesen zu dem Phänomen. Zuletzt entdeckten etwa Forscher, dass der Indische Ozean einen Teil dieser Erwärmung auffängt. Eine weitere Erklärung für diese "Pause" in der Klimaerwärmung liefert jetzt ein internationales Team: Die Sonneneinstrahlung ist demnach in den unteren Schichten der Stratosphäre zwischen 2008 und 2011 durch mehrere Vulkanausbrüche doppelt so stark abgeschwächt worden wie bisher angenommen.

Für die unterste Stratosphäre – die Höhenschicht zwischen 10 und 16 Kilometern – lagen lange kaum Daten vor; jetzt lieferte das internationale Klimaprojekt IAGOS-CARIBIC entscheidende Hinweise. Der kühlende Effekt von Vulkanen sei in den Modellen, auf denen der Bericht des Weltklimarats IPCC beruht, deutlich unterschätzt worden, so die im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlichte Studie. Da die vermehrten Vulkanausbrüche und damit dieser kühlende Effekt nur vorübergehend sind, wird sich die Klimaerwärmung wieder beschleunigen, nehmen die Forscher an. Grund ist die immer stärker ansteigende Konzentration von Treibhausgasen.

Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ist die Durchschnittstemperatur über den Kontinenten in den mittleren Breiten der Nordhemisphäre nur gering angestiegen. Die neue Studie zeigt, dass der kühlende Effekt von Aerosolpartikeln in den letzten Jahren besonders stark ausgeprägt war. Die Untersuchung beruht auf Daten aus der Tropopausenregion, einem Bereich der Atmosphäre zwischen 8 und 17 Kilometern Höhe, der eine Übergangszone zwischen der feuchten Wetterschicht mit Wolken darunter (Troposphäre) und der trockenen, wolkenfreien Schicht darüber (Stratosphäre) bildet. "Insgesamt unterstreichen unsere Ergebnisse, dass auch kleinere Vulkanausbrüche viel wichtiger für das Klima der Erde sind, als bislang angenommen", erklärten Carl Brenninkmeijer vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz (MPI-C) und Andreas Zahn vom Karlsruher Institute für Technologie (KIT).

Messungen aus der Luft und dem All

Zum Erheben der aktuellen Daten kombinierte das Team zwei Methoden: Probenahme und Vor-Ort-Messungen aus der Tropopausenregion, mit dem auf einem Lufthansa-Airbus gestützten IAGOS-CARIBIC-Observatorium, sowie Beobachtungen aus dem All durch den Satelliten CALIPSO. Nachdem es zwischen 1999 und 2002 keine größeren Vulkanausbrüche in der Nordhemisphäre gab, konnten zwischen 2005 und 2012 deutlich mehr Partikel beobachtet werden. Besonders drei Eruptionen stachen dabei heraus: Der Kasatochi (Alaska, 2008), der Sarytschew (Russland, 2009) und der Nabro (Eritrea, 2011) schleuderten Schätzungen zufolge jeweils weit über eine Megatonne Schwefeldioxid (SO2) in die Atmosphäre. "Praktisch alle Vulkaneruptionen, die die Stratosphäre erreichen, führen zu mehr Partikeln in dieser Schicht, da sie Schwefeldioxid mitbringen, aus dem sich Sulfatpartikel bilden", erläutert Markus Hermann vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig (TROPOS), der die Vor-Ort-Partikelmessungen im CARIBIC-Projekt betreut.

Ob ein Vulkanausbruch globale Auswirkungen auf das Klima hat, hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Dazu gehört die ausgestoßene Menge an SO2 sowie die maximale Höhe, die die Eruption erreicht. Aber auch der Breitengrad des Ausbruchs spielt eine wichtige Rolle: Da die Strömungen in der oberen Atmosphäre auf der Nordhalbkugel weitgehend getrennt von denen auf der Südhalbkugel ablaufen, können nur Vulkane in Nähe des Äquators ihr Material effektiv über beide Hemisphären verteilen. So geschehen beim Ausbruch des Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa vor 200 Jahren, der zu einer so starken globalen Abkühlung führte, dass 1816 als "Jahr ohne Sommer" galt mit Missernten und Hungersnöten. Auch der Krakatau 1883 in Indonesien oder der Pinatubo 1991 auf den Philippinen sorgten für spürbare Abkühlungen. "Unsere Studie deutet nun darauf hin, dass der kühlende Effekt von Vulkanausbrüchen in der Vergangenheit unterschätzt wurde, da der unterste Teil der Stratosphäre in diesen Berechnungen fehlte", erklärt Sandra M. Andersson von der schwedischen Universität Lund. (red, 11.7.2015)