Hinter verschlossenen Türen haben von der Republik Österreich und vom Freistaat Bayern entsandte Verhandler seit Mai Friedenspfeifen gestopft – im Oktober sollen sie auch geraucht werden. Die mannigfaltigen Rechtsstreitigkeiten zwischen Wien und München, zwischen Heta (ehedem: Hypo Alpe Adria) und BayernLB sollen per Generalvergleich beendet werden, darauf hat sich die Politik verständigt. In den Prozessen geht es um Milliarden von Euro aus der Zeit, als die Hypo Alpe Adria den Bayern mehrheitlich gehörte.

Basis für den geplanten Vergleich ist ein Memorandum of Understanding, auf das man sich auf politischer Ebene geeinigt hat. Diese Absichtserklärung wurde gestern, Dienstag, vom österreichischen Finanzminister, Hans Jörg Schelling, in Wien und von seinem bayerischen Amtskollegen, Markus Söder, bekanntgegeben. In Wien war das Vorhaben, das in ein Gesetz gegossen werden muss, zuvor vom Ministerrat abgesegnet worden.

1,23 plus 2,3 Milliarden

Inhalt des Vergleichsplans: Wien soll den Bayern 1,23 Milliarden Euro zahlen und in der Folge werden dann alle gegenseitigen Ansprüche verglichen. Die 1,23 Mrd. Euro entsprechen 45 Prozent jener Summe, um die es im sogenannten Eigenkapitalersatz-Verfahren in München geht.

Die Hypo hat ja Kreditrückzahlungen an die BayernLB gestoppt, weil sie das Geld, das ab 2008 nach Klagenfurt geflossen ist, eben nicht als Kredit, sondern Eigenkapitalersatz ansieht. Die Bayern haben die offenen Tranchen eingeklagt – es geht um 2,4 Mrd. Euro. Zuletzt war dieser Betrag wegen der Entwicklung des Franken-Kurses auf 2,75 Mrd. Euro gestiegen. Weitere 2,3 Mrd. hat die Hypo bereits zurückgezahlt.

In erster Instanz verloren

Dieses Verfahren ist (nicht rechtskräftigerweise) entschieden: Die Österreicher haben in erster Instanz verloren. Kommt der Vergleich, müssen diese 2,3 Mrd. Euro also zu den 1,23 Mrd. dazugerechnet werden. Die 45 Prozent sollen dem Freistaat auf jeden Fall zufließen – auch wenn sich bei der Abwicklung der Heta diese Quote nicht ausgehen sollte. Die Heta wird ja unter den Fittichen der Finanzmarktaufsicht FMA abgewickelt – am Ende wird eine Quote berechnet, gemäß der alle Gläubiger bezahlt werden.

Sollten dabei weniger als 45 Prozent herauskommen, bekämen die Bayern trotzdem ihre 1,23 Mrd. – die Differenz würde die Republik als Eigentümerin der Hypo-Bad-Bank Heta einschießen. Kämen mehr als 45 Prozent heraus, würden die Münchner für die Differenz gleichsam einen Nachschlag bekommen.

Gesetz erforderlich

Damit das alles auch wirksam werden kann, sind noch ein paar Schritte zu tun. Die Zahlung der Republik setzt voraus, dass ein entsprechendes Gesetz verabschiedet wird. Die Heta selbst muss in den kommenden Wochen prüfen, ob der Generalvergleich in ihrem Interesse liegt – und auch die Abwicklungsbehörde muss den Deal untersuchen. Die FMA muss prüfen, ob dadurch Gläubiger benachteiligt werden. In der Abwicklung gilt ja, wie im Insolvenzverfahren, der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung. Zudem schaltet das Finanzministerium Juristen um die Chefin der Griss-Kommisison und Ex-OGH-Chefin Irmgard Griss ein. Auch sie sollen die Pläne auf ihre Vertretbarkeit abklopfen und prüfen, ob die gesetzliche Grundlage dafür passt. Griss befürwortet einen Vergleich, die rechtliche Lage sei schon "so komplex, dass Gerichtsentscheidungen dem nicht mehr gerecht werden könnten", sagte sie zum STANDARD. Sollte alles so klappen, wie sich das Schelling vorstellt, könnte die Sache im Oktober unter Dach und Fach sein.

Kritik der Opposition

Schelling, der im Oktober noch gemeint hatte, "kein Euro soll über die Grenze gehen", sieht in alldem ein "gutes Geschäft". Vorausgesetzt, die Assetverwertung der Heta spielt die 1,23 Mrd. Euro herein. Auch der bayerische Finanzminister Söder hält "die Zeit reif für einen Vergleich" , sagte er am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Die Opposition in Bayern (siehe unten) und Österreich sieht den geplanten Vergleich kritisch.

Rainer Hable von den Neos sprach von einem "nicht nachvollziehbaren" Vergleichsbetrag, es liege "der Verdacht nahe, dass Österreich nach der Verstaatlichung ohne Not zum zweiten Mal über den Tisch gezogen wird". Und Grünen-Finanzsprecher Werner Kogler meinte, das Ergebnis der Vergleichsverhandlungen spiegle "wahrscheinlich die von ÖVP-Finanzministern verschuldete schlechte österreichische Verhandlungsposition wider".

Alte Bekannte

Verhandelt wurde der "politische Vergleich" (Schelling) der Republik u. a. von Michael Mendel (Heta-Aufsichtsratschef), Franz Zwickl (Ex-Bank-Austria-Vorstand; heute Berater; er hat eine gemeinsame Gesellschaft mit Ex-Hypo-Chef Gottwald Kranebitter) und der Kanzlei Schönherr Rechtsanwälte. Sie vertritt in anderen Causen auch die Heta. (gra, 8.7.2015)