Die Welt hat im Kampf gegen Not und Elend große Fortschritte gemacht. Doch noch immer fristen Milliarden Menschen ein Leben unter erbärmlichen Bedingungen. Diese gemischte Bilanz ziehen die die Vereinten Nationen nach rund 15 Jahren Einsatz für eine bessere Welt. Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon veröffentlichte am Montag den abschließenden Bericht über die sogenannten Millenniumsentwicklungsziele (MDG).

"Der Fortschritt ist ungleich gewesen", hielt er fest. Die Weltgemeinschaft müsse ihre Anstrengungen intensivieren, um "niemanden zurückzulassen". Ermutigend, aber zugleich schockierend sind etwa die Statistiken zur Kindersterblichkeit: Starben 1990 noch schätzungsweise 12,7 Millionen Mädchen und Jungen im Alter unter fünf Jahren, so werden es 2015 rund sechs Millionen tote Kinder unter fünf Jahren sein. Zwar kann man von "Fortschritt" reden, doch die Opferzahl bleibt ein Skandal.

Acht Hauptziele

Die MDG umfassen acht Hauptziele: Die Weltgemeinschaft soll gegen Armut, Unterernährung, Mütter- und Kindersterblichkeit, Bildungsmangel und Krankheiten vorgehen, Entwicklungshilfe leisten und auf anderen Gebieten bestimmte Werte erreichen.

Besonders mit Blick auf das erste Ziel gab sich Generalsekretär Ki-moon zufrieden: Laut Uno ist die Welt diesem Ziel, der "Beseitigung der extremen Armut und des Hungers", ein gutes Stück nähergekommen. Konkret sollte der Anteil der Menschen an der Weltbevölkerung, die weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag zur Verfügung haben, zwischen 1990 und 2015 halbiert werden. Diese Menschen gelten als "extrem arm". Gemäß Uno verfügten 1990 noch 1,9 Milliarden Menschen über weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag. Bis ins Jahr 2015 sank die Zahl der extrem Armen auf rund 840 Millionen Menschen.

Weniger Unterernährung

Ban Ki-moon berichtet auch, dass die Welt mehr Menschen ernähren kann: Die Zahl der Hungernden in den armen Ländern ging von 1990 bis heute zurück. Allerdings leiden noch immer gut 800 Millionen Menschen an Unterernährung.

Überhaupt hätten noch zu viele Menschen wegen ihres Geschlechts, ihres Alters, aufgrund von Behinderungen oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit keine Chance auf ein Leben ohne massive materielle Benachteiligung. Auch die vielen Konflikte und der Klimawandel bremsten den Fortschritt, hielt der Generalsekretär fest. Weitere alarmierende Fakten, die einen Grund zum Jubel über das Erreichte verbieten: Rund 880 Millionen Menschen hausen in Slums, etwa 2,4 Milliarden Männer, Frauen und Kinder haben keinen Zugang zu ordentlichen sanitären Einrichtungen.

Schätzungen statt Fakten

Die MDG gehen auf den sogenannten Millenniumsgipfel im Jahr 2000 zurück. Die Staats- und Regierungschefs der Uno beschlossen in New York, stärker für ein lebenswürdiges Leben der Menschen zu kämpfen. Aus der Millenniumserklärung leiteten Fachleute der Uno und anderer Organisationen die Millenniumsentwicklungsziele ab, die bis 2015 erreicht werden sollten.

Basisjahr war in der Regel 1990. Bei der Messung der Zielerreichung müssen sich die Experten oft auf Schätzungen verlassen. Für viele Entwicklungsländer liegen keine verlässlichen statistischen Daten vor, es fehlen Angaben über Geburten und Todesfälle. Im September sollen die Staats- und Regierungschefs neue Vorgaben beschließen. Die sogenannten Nachhaltigkeitsziele werden die Millenniumsentwicklungsziele ablösen: Der Kampf für eine bessere Welt geht in eine neue Runde. (Jan Herbermann aus Genf, 7.7.2015)