Die einen, so heißt es oft, können es sich richten, die anderen nicht. Auch in der Justiz hätten die, die über einflussreiche Freunde und gut gefüllte Konten verfügen, die besseren Karten.

Dabei ist es oft viel subtiler. Nicht nur Einkommen und Einfluss spielen eine Rolle. Wie man gekleidet ist, wie man auftritt und sich ausdrückt. Ob man sich fürchtet vor der Autorität, die in Juristendeutsch Fragen stellt, die man nicht versteht und deshalb nicht beantworten kann. Wie unsicher man sich deshalb verhält. Das alles beeinflusst – ganz unbewusst und ohne böse Absicht – auch den Richter, die Staatsanwältin.

Die Mehrheit der Justizangehörigen ist geübt, sich von solchen Eindrücken möglichst wenig leiten zu lassen. Aber es gibt auch andere, wie der Wahrnehmungsbericht der Rechtsanwälte wieder einmal zeigt: Jene Richter, die Witze auf Kosten von Angeklagten oder Zeugen machen. Die sich gar nicht erst bemühen, verständlich zu formulieren, und dann die Geduld verlieren, wenn sie keine Antwort bekommen. Richter, die sich so verhalten, als wären Angeklagte mit brüchigen Deutschkenntnissen auch schwer von Verstand.

Auch Richter sind Menschen. Doch es sind Menschen in besonders verantwortungsvollen Positionen. Ihre Entscheidungen können Lebenswege vorzeichnen. Umso wichtiger, dass sie selbstkritisch mit ihrer Wahrnehmung, mit ihren Vorurteilen umgehen – und respektvoll mit den Menschen, die ihnen anvertraut wurden. (Maria Sterkl, 6.7.2015)