Edinburgh/Greifswald – Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die arktische Tundra sind komplexer als angenommen. Am stärksten reagieren Büsche und Sträucher im Übergangsbereich der Tundra zur Hocharktis auf den Klimawandel, wie der Landschaftsökologe Martin Wilmking von der Universität Greifswald am Montag mitteilte. Dort sei auch der meiste Kohlenstoff in den Permafrostböden gespeichert.

Durch das erhöhte Pflanzenwachstum verstärke sich die Klimaerwärmung mehr als bislang angenommen. Ein schnelleres Wachstum sei vor allem in Nordwestrussland und Europa zu beobachten, während in Nordamerika die Tendenz nicht ganz so deutlich feststellbar sei.

Starker Rückkopplungseffekt

Unter der Leitung von Forschern der University of Edinburgh nahm ein internationales Wissenschaftlerteam in neun Ländern mit arktischen Tundren Strauch- und Buschproben. Zudem werten die Forscher Klima- und Umweltdaten aus, die zwischen 1950 und 2010 gesammelt wurden. Die aktuell in "Nature Climate Change" publizierte Studie gilt nach ihren Angaben als eine der umfassendsten Untersuchungen zu vegetativen Veränderungen in der arktischen Tundra.

Die Forscher konnten belegen, dass Veränderungen in der Vegetation – wie das Wachstum größerer Büsche – nicht nur Ergebnis des Klimawandels sind, sondern diesen sogar beschleunigten. Um höhere Sträucher bildeten sich Schneeberge, die isolierend auf den Permafrostboden wirken, wie Wilmking ausführte.

Die Folge: Der Boden unter dem hohen Schnee froste im Winter nicht so stark durch wie Boden mit wenig oder ohne Schnee. Damit werde an diesen Stellen das Auftauen des Permafrostbodens gefördert. Zersetzungsprozesse im Boden würden verstärkt, was wiederum zur verstärkten Freisetzung von Kohlendioxid und Methan in die Atmosphäre führe. "Der Rückkopplungseffekt ist in diesen Regionen daher deutlich stärker als bisher angenommen", so Wilmking. (APA, red, 6.7.2015)