Zürich – Optische Atomuhren können Zeit mit schier unglaublicher Präzision messen. Die neuesten dieser Geräte sind so exakt, dass sie bei einer Laufzeit von 10 Milliarden Jahren weniger als eine Sekunde an Genauigkeit verlieren würden. Allerdings sind Uhren dieser Genauigkeit bis jetzt nur im Labor verfügbar, Wissenschaft und Industrie nutzen deren Potenzial bisher noch nicht.

Ein internationales Forscherteam unter Federführung der Universität Zürich hat nun mögliche Anwendungsbereiche für neueste Atomuhren erforscht. Ihre Analysen zeigen, dass sie zusammen mit Erkenntnissen aus der Relativitätstheorie benutzt werden könnten, Vulkane zu überwachen.

Verfügbare Daten binnen Stunden

Die allgemeine Relativitätstheorie besagt, dass Uhren, die in unterschiedlichen Abständen zu einem schweren Körper wie unserer Erde aufgestellt sind, unterschiedlich schnell ticken. Je näher sie sind, desto langsamer ticken sie. Fließt Lava in eine unterirdische Kammer unterhalb eines Vulkans, verlangsamt sich die Zeit einer Uhr, die am Vulkan positioniert ist, im Vergleich zu einer weiter entfernten Uhr.

Gegenwärtig werden Vulkane mittels GPS-Empfänger überwacht. Die daraus resultierenden Daten müssen oft über Jahre hinweg integriert werden, bevor eine Schätzung über das Volumen der Magma vorgenommen werden kann. Lokale Atomuhren könnten die gleiche Information bereits innerhalb einiger Stunden bereitstellen. Damit könnten die Vorgänge im Inneren der Vulkane besser überwacht und genauere Voraussagen über zukünftige Vulkanausbrüche getroffen werden, wie die Forscher im "Geophysical Journal International" berichten.

Überwachung der Gezeiten

Außerdem könnten mit Atomuhren die Erdgezeiten überwacht und bestimmt werden: Gezeiten treten auf, weil sich die Erde im Gravitationsfeld der Sonne und des Mondes bewegt. Sie reagiert auf dieses äußere Feld durch Verformung, was wiederum die Gezeiten verursacht und dazu führt, dass sich der Boden auf den Kontinenten regelmäßig anhebt und absenkt.

Mithilfe eines globalen Netzwerks von Atomuhren, die über Glasfaserkabel miteinander verbunden sind, könnten Erdgezeiten permanent gemessen und theoretische Modelle überprüft werden. Auch allfällige regionale Unterschiede im Verhalten der Erdkruste auf die Erdgezeiten könnten so untersucht werden, wie die Wissenschafter schreiben.

Die Forscher hoffen, dass Atomuhren schon in wenigen Jahren für diese Anwendungsbereiche eingesetzt werden. Voraussetzung dafür sei ein ausreichend großes Interesse sowie Investitionen seitens der Industrie. (red, 6.7.2015)