Wien – Es ist die bisher größte Insolvenz des Jahres. Und sie trifft einen Familienbetrieb, den Mitbewerber, die sich von der Pleite völlig überrascht zeigen, als innovativ, stark und umtriebig beschreiben. Biso Schrattenecker meldete am Montag ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung an. Mit Passiva von fast 56 Millionen Euro übertrifft der Konkurs jenen der Bäckerei Ring um gut 15 Millionen Euro. Fertighausbauer Hanlo lag um 34 Millionen Euro darunter.
Wie die beiden lebt auch Biso Schrattenecker vom Konsum, zumindest indirekt: Das Innviertler Unternehmen handelt mit Landmaschinen, primär Mähdrescher. Spezialität seiner 340 Mitarbeiter, 84 davon in Österreich, ist die Entwicklung und die Produktion von Schneidetechnik für die Ernte.
Bis vor zwei Jahren erlebte die Branche kräftigen Aufwind. Dann verschlechterten sich die Einkommen der Landwirte. Die Krise in Russland und in der Ukraine ließ den Absatz großer Maschinenhersteller zusätzlich jährlich um bis zu zehn Prozent einbrechen.Biso Schrattenecker verbuchte noch bis 2013 Bilanzgewinne von zehn Millionen Euro – bis man 2014 schlagartig in die Verlustzone abglitt und mittlerweile Fehlbeträge von mehr als 3,5 Millionen Euro anhäufte.
Konflikt um Entwicklungskosten
Als Grund für die Zahlungsunfähigkeit führt Eigentümer Franz Schrattenecker Streit mit einem Geschäftspartner an. Dieser ist der weltweit zweitgrößte Konzern der Branche: Case New Holland (CNH), gut 20 Milliarden Dollar Umsatz schwer, mehrheitlich im Besitz des Autoriesen Fiat.Die Oberösterreicher versahen Mähdrescher des Konzerns mit ihren Schneidwerken. Wobei in den vergangenen Jahren viel Geld in die Entwicklung neuer Geräte in Alu-Leichtbauweise floss. Um die Aufteilung dieser Kosten entzündeten sich Konflikte mit CNH – die in Lieferstopps seitens der Italiener gipfelten.
Der Umsatz von Biso Schrattenecker sank im Vorjahr in Folge um acht auf sieben Millionen Euro, belegen der Creditreform vorliegende Berichte. Größter Gläubiger mit 32 Millionen Euro an offenen Forderungen ist die RLB Oberösterreich. Die Löhne für Mai sind teilweise, jene für Juni zur Gänze ausständig. Gläubigern wird eine Quote von 20 Prozent in Aussicht gestellt. Diese soll in Teilen innerhalb von 24 Monaten ab Annahme des Sanierungsplans ausbezahlt werden.
Tiefe Einschnitte
Die Sanierung soll über harte Einschnitte erfolgen. Biso Schrattenecker stellt den Vertrieb aller fremden Maschinen ein und konzentriert sich auf die eigene Produktion in der Slowakei. Was bedeutet: Der Vertrag mit Case New Holland wird beendet. In der österreichischen Zentrale verbleiben nur 20 Mitarbeiter – Teile der Fertigung in Ort im Innkreis sperren zu. Der Standort Raasdorf wird abgegeben. Das Netz an Vertriebsniederlassungen in Osteuropa soll stark verkleinert werden. Jene in der Slowakei und Tschechien sollen gänzlich aufgelassen werden.
Europa-Zentrale der börsennotierten CNH ist Steyr Traktoren in St. Valentin, gelenkt vom Österreicher Christian Huber, der vor wenigen Tagen vorzeitig eine fünf Monate währende Kurzarbeit beendete. Auf den Disput mit dem kleinen Lieferanten angesprochen, verweist eine Konzernsprecherin auf ein laufendes Verfahren, das man nicht kommentiere. Nur soviel: Steyr Traktoren sei mit Schrattenecker in gutem Einvernehmen. Die Zusammenarbeit reduziere sich auf die Marke New Holland mit Headquarter in Turin. (Verena Kainrath, 6.7.2015)