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Alexis Tsipras bei seiner TV-Rede am Freitag

Foto: Reuters

Es ist ein alter, geschmackloser Witz: Ein junger Mann bringt seine Eltern um und bittet dann vor Gericht um Milde, weil er Vollwaise ist.

Daran erinnert die TV-Rede des griechischen Premiers Alexis Tsipras vom Freitag, in der er den jüngsten Bericht des Internationalen Währungsfonds als Bestätigung seiner Position anführte. Der IWF erklärte darin, dass Griechenland weitere 50 Milliarden Euro an Schuldenerlass bis 2018 benötigt. Dies zeige, so Tsipras, "dass die griechischen Schulden nicht tragfähig sind."

Schuld ist die Regierung

Aber der IWF macht für diesen Zustand vor allem die Politik der Syriza-Regierung verantwortlich. Vor dem Machtwechsel in Athen im Jänner hatte Griechenland dank niedriger Zinsen und einer wachsenden Wirtschaft den Punkt erreicht, an dem es die Schulden wieder bedienen hätte können, heißt es im Bericht. Das hätte dem Land auch die Rückkehr an die privaten Finanzmärkte ermöglicht, so wie zuvor Irland und Portugal.

Doch diesen Fortschritt habe die Regierung Tsipras zunichte gemacht, in dem sie sich von Reformen und Privatisierungen verabschiedet hat, hieß es weiter. Deshalb sei der Finanzbedarf des Landes so massiv gestiegen.

Verdrehung der IWF-Botschaft

Der IWF-Bericht und Tsipras' Verdrehung von dessen Botschaft macht deutlich, warum es keine Einigung zwischen Athen und den Gläubigerstaaten geben konnte. Der Schuldenerlass, den Syriza fordert, hat ja längst stattgefunden: Griechenland zahlt niedrige Zinsen und die Rückzahlung ist auf Jahrzehnte in die Zukunft gestreckt.

Wenn die Gläubiger – und zu ihnen gehören auch die österreichischen Steuerzahler – einmal überzeugt sind, dass das Land eine nachhaltige Wirtschaftspolitik fährt, die Wachstum ohne neue Schulden bringt, dann wird auch ein weiterer Schuldenschnitt sehr wahrscheinlich.

Aber dieser Regierung Schulden zu erlassen, ist für die anderen Eurostaaten – und nicht nur für Deutschland – inakzeptabel. Es mag paradox klingen: Aber Griechen, die einen Schuldenschnitt wollen, müssen am Sonntag mit Ja stimmen – und hoffen, dass die Regierung danach stürzt. (Eric Frey, 3.7.2015)