Hope Solo fiel vor der WM mit Skandalen auf, während der WM mit ausgezeichneten Leistungen im Tor der US-Amerikanerinnen.

Foto: USA Today Sports/Erich Schlegel

Vancouver – Eines muss man Hope Solo lassen. Sie ist eine großartige Torfrau. Den Beweis lieferte die US-Amerikanerin nicht zuletzt, aber gerade auch bei der WM in Kanada. Am Sonntag, in Europa ist es schon Montag (1 Uhr), wird im BC Place Stadium zu Vancouver finalisiert: USA gegen Japan. Das ist mit das Beste, was der Frauenfußball zu bieten hat. Und ist es die Neuauflage des Endspiels der letzten WM, 2011 in Deutschland. Damals wurde Japan erstmals Weltmeister. Die USA, mit Hope Solo im Tor, mussten sich im Elfmeterschießen geschlagen geben. Seither ist viel passiert im Leben der 31-jährigen Solo: abseits des Sportlichen nicht viel Ruhmreiches. Auf intime Geständnisse, Streit mit ihrem Ehemann und Nacktfotos folgte im Vorjahr ein handfester Skandal.

Aufgeregt

Kurzzeitig landete Solo nach einem Familienstreit sogar im Gefängnis. Der Vorwurf: häusliche Gewalt. Ein halbes Jahr später wurde das Verfahren eingestellt. Vor WM-Beginn veröffentlichte ESPN aber brisante Details, nach denen die dreimalige Olympiasiegerin Hauptaggressor der Auseinandersetzung mit ihrer Halbschwester und deren Sohn gewesen sein soll. Der US-Verband und Nationaltrainerin Jill Ellis hielten Solo lange die Stange. Erst als ihr Ehemann während eines Trainingslagers mit Solo auf dem Beifahrersitz wegen Trunkenheit am Steuer eines US-Teamvans Anfang des Jahres festgenommen wurde, wurde die Torhüterin für 30 Tage gesperrt.

Solos Image bröckelte gehörig, sie verlor sogar Sponsoren. Vor der WM wurde diskutiert, ob man sie überhaupt spielen lassen könne. Man ließ sie. Die Diskussion ist praktisch verstummt. In sechs Partien auf dem Weg ins Finale kassierte Solo nur ein Tor, jenes beim 1:3 zum Auftakt gegen Australien. Mittlerweile ist sie seit 513 Minuten ohne Gegentreffer. Und im Endspiel treffen die US-Amerikanerinnen nicht gerade auf die geballte Offensivkraft. Die technisch starken Japanerinnen gewannen drei ihrer sechs WM-Spiele mit 1:0 und jede Partie mit nur einem Tor Unterschied. Ein Favorit ist im Spiel des Weltranglisten-Zweiten (USA) gegen den Vierten nicht wirklich auszumachen.

Unbedingter Wille

Japans Coach Norio Sasaki sagte nach dem glücklichen 2:1 im Halbfinale gegen England, das durch ein Eigentor in der Nachspielzeit entschieden wurde, dass der größte Druck nun von seinem Team abgefallen sei: "Viele Spielerinnen wollten so sehr in dieses Endspiel, dass es ihre Mentalität beeinflusst hat. Aber dieser Druck ist jetzt weg." Freilich gehen die Japanerinnen nicht ins Spiel, um zu verlieren. Die US-Amerikanerinnen sowieso nicht. "Ich bin nicht hier, um das Finale zu spielen, ich bin hier, um es zu gewinnen", sagte Kapitänin Carli Lloyd.

Abby Wambach sieht das ähnlich. Die 35-jährige Starspielerin und Weltrekordtorjägerin (183 Länderspieltore) hat praktisch alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt – aber nicht den WM-Titel. Ihr geschundener Körper hält bei dieser auf Kunstrasen gespielten WM nicht mehr 90 Minuten am Stück durch. Aber dem Turnier ordnete sie alles unter. Zugunsten der Vorbereitung verzichtete sie auf Spiele für ihren Klub Western New York Flash in der US-Meisterschaft. Sie will den Pokal.

Den Pokal wollte auch Deutschland, aber der zweimalige Weltmeister scheiterte im Halbfinale. Es bleibt das unbeliebte Spiel um Platz drei – gegen England am Samstag in Edmonton. Verteidigerin Tabea Kemme: "Wir wollen diese Medaille haben." (sid, rie, 4.7.2015)