Wikileaks-Gründer Julian Assange: Kein Asyl in Frankreich.

Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks Julian Assange ersuchte am Freitagmorgen um politisches Asyl in Frankreich – und blitzte noch am selben Tag ab. "Mein Leben ist in Gefahr, meine physische und psychische Integrität sind bedroht", hielt Assange, der 2012 in die Londoner Botschaft Ecuadors geflüchtet war, in seinem Schreiben fest. Nur Frankreich sei in der Lage, ihm "den nötigen Schutz gegen die Verfolgungen zu bieten", erklärte er.

Gegen Assange läuft in Stockholm eine Klage wegen Vergewaltigung. Der 44-jährige Australier wird deshalb über ein schwedisches Auslieferungsverfahren auf europäischer Ebene gesucht. Er befürchtet, dass auch Washington ein Auslieferungsgesuch stellen könnte. In den USA drohe ihm die Todesstrafe, hatte Assange schon mehrfach erklärt.

Die Antwort des französischen Präsidialamtes erfolgte nur Minuten, nachdem die Online-Ausgabe der Zeitung Le Monde Assanges Asylgesuch veröffentlicht hatte. Auffällig ist nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch der trockene Tonfall, mit dem das Ansuchen abgeschmettert wurde: "Eine vertiefte Prüfung macht deutlich, dass Frankreich dem Gesuch wegen der juristischen Elemente und der materiellen Situation von Herrn Assange nicht stattgeben kann", hieß es in einem knappen Communiqué aus Paris. "Die Lage von Herrn Assange stellt keine unmittelbare Gefahr für ihn dar. Außerdem ist er Gegenstand eines europäischen Auslieferungsmandats."

Die Schroffheit der Absage erstaunt umso mehr, als Justizministerin Christine Taubira noch im Juni erklärt hatte, sie wäre "nicht schockiert", wenn Frankreich Assange oder auch dem amerikanischen Geheimdienstenthüller Edward Snowden Asyl gewähren würde. Auf diese öffentliche Aussage hin hatte Assange sein Gesuch gestellt.

Heftige Kritik

Die Grüne Partei EELV erklärte, die "ebenso schnelle wie lapidare Antwort" sei "skandalös und eine klare Missachtung unserer republikanischen Werte". Auch der Linken-Politiker Jean-Luc Mélenchon sprach von einer "Schande". Der Front National sieht in der Entscheidung, die von Präsident François Hollande persönlich getroffen worden war, den "Beweis für die Unterwerfung Frankreichs unter die USA".

Wikileaks hatte erst vor wenigen Tagen Akten enthüllt, die einen Lauschangriff des amerikanischen Geheimdienstes NSA auf französische Firmen, Minister und sogar Staatspräsidenten dokumentieren. Ein Sprecher des französischen Staatschefs hatte darauf empört reagiert, zugleich jedoch klargemacht, man wollte "keine Krise" mit Washington provozieren. Mit ein Grund für die nachsichtige Haltung ist ein neues Sicherheitsgesetz, mit dem Frankreich seinen eigenen Nachrichtendiensten ähnliche Abhörbefugnisse einräumt, wie sie die NSA hat. (Stefan Brändle aus Paris, 3.7.2015)