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Wirklich amused dürfte die Queen nicht gewesen sein, als sie erfuhr, dass das britische Prestigeunternehmen Jaguar nun außerhalb der Insel, in Österreich, produzieren und entwickeln lässt.

Graz/London – Mitten hinein in die trübe Gegenwart am steirischen Arbeitsmarkt – 55.000 Jobsuchende – bringt die Autoindustrie jetzt ein wenig Licht in den Standort. Jaguar Land Rover verlagert Teile seiner Produktion von England zu Magna Steyr nach Graz und lässt dem Vernehmen nach hier auch neue Jaguar-Modelle konzipieren und fertigen. Was bis zu 3500 neue Arbeitsplätze in den nächsten Jahren bringen könnte.

In einer ersten Phase sollen E-Autos sowie SUVs in Produktion gehen. Für die SUV-Sparte sollen hohe Stückzahlen geplant sein, was eine beachtliche Aufstockung des Beschäftigtenstandes notwendig machen wird. Bis zur Endausbaustufe 2017 – so wird in Magna-Steyr-Kreisen lanciert – soll die neue Produktion eine Aufstockung des Beschäftigtenstandes im Konzern auf bis zu 9000 Arbeitnehmer bringen. Derzeit sind rund 5500 Mitarbeiter beschäftigt.

"Prestigeauftrag"

"Man muss sagen, der Prestigeauftrag ist eine Sensation und natürlich eine Bestätigung für den Qualitätsweg, den wir hier in Graz gehen. Vor allem auch in Richtung Premiumsegment und E-Auto", sagt Franz Lückler, Geschäftsführer des steirischen Autoclusters ACStyria, im Standard-Gespräch. Die neue Kooperation bedeute natürlich auch einen kräftigen Impuls für die 220 Zulieferer im Cluster. Die Stimmung im ACStyria habe sich insgesamt seit dem letzten Jahr aufgehellt, bei einem Viertel der Betriebe hätten 2014 diese "das beste Jahr ihrer Geschichte" verbucht, sagt Lückler.

Kooperation

Günther Apfalter, Präsident von Magna Steyr und Magna International, zeigte sich vom Vertragsabschluss mit Jaguar Land Rover naturgemäß angetan. Die Kooperation spiegle das Vertrauen in die Kapazitäten Magna Steyrs wider. Einigermaßen euphorisiert auch Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann: "Der Auftrag von Jaguar Land Rover an Magna ist ein sehr ermutigendes Signal in wirtschaftlich turbulenten Zeiten. Durch den Auftrag wird der Magna-Standort Graz langfristig abgesichert, und es werden auch neue Arbeitsplätze bei Magna geschaffen. Außerdem profitieren zahlreiche Zulieferunternehmen in den steirischen Regionen."

Als Grund für die Übersiedelung von Produktionen aus England nach Graz wird von Jaguar das Erreichen einer "Kapazitätsgrenze" in den drei Werken in England genannt. Es waren bereits im Frühjahr erste Spekulationen aufgetaucht, die Luxusmarke Jaguar könnte Autos, spezielle E-Modelle, bei Magna Steyr entwickeln und fertigen lassen.

England bleibt Zentrale

Die Unternehmensführung von Jaguar Land Rover bemühte sich in einer Aussendung um Beruhigung am Heimmarkt England und unterstrich, dass Großbritannien weiter "das Zentrum von Design, Entwicklung und Produktion" bleibe. Partnerschaften wie mit Magna seien nur Ergänzungen zur Produktion in Großbritannien.

Jaguar Land Rover gehört seit 2008 der indischen Tata-Gruppe. Im Oktober 2014 lief die erste Produktion in China an, ein Standort ist derzeit auch in Brasilien im Entstehen. In den letzten fünf Jahren hat Jaguar Land Rover eigenen Angaben nach den Geschäftsbereich verdoppelt.

Gestiegener Verkauf

Der Verkauf sei insgesamt auf 462,000 Fahrzeuge angestiegen, die Beschäftigungszahl habe sich auf 35.000 Mitarbeiter verzweifacht. Die Produktion bei Jaguar entspricht knapp einem Drittel der gesamten Autoproduktion Großbritanniens.

Der Konzern habe 14,10 Mrd. Euro in diesem Zeitraum investiert, heißt es. (Walter Müller, 2.7.2015)