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Ein Demonstrant, der am Dienstag für die Vorschläge der Eurogruppe demonstrierte, schwenkt in Athen eine griechische Fahne.

Foto: AP Photo/Petros Karadjias

Wien/Brüssel – Eigene Regierungsflugzeuge, wie sie noch unter Pasok-Premierminister Giorgos Papandreou großzügig angeschafft wurden, waren in Griechenland jahrelang umstritten. Sein Nachnachfolger Alexis Tsipras wollte auf solchen schnellen Luxus verzichten, als er mit seiner Syriza-Regierung im Jänner antrat.

Dienstagabend zeichnete sich eine Möglichkeit ab, dass solch ständig verfügbare Flieger in gewissen Situationen doch eine Existenzberechtigung haben. Denn acht Stunden vor Ablauf des Eurohilfsprogramms für Griechenland um Mitternacht hieß es in Brüssel und in den Eurohauptstädten plötzlich, es könnte sein, dass Tsipras in einer Blitzaktion persönlich in die EU-Hauptstadt kommen könnte, um in allerallerletzter Minute doch noch einen Kompromiss im Schuldenstreit mit den Geldgebern von EU, Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zu ermöglichen. Wie ein Sprecher der EU-Kommission bestätigte, hat Präsident Jean-Claude Juncker einen neuen Vorschlag auf den Tisch gelegt.

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte ein für abends geplantes Interview im niederländischen Fernsehen ab. Er berief für 19 Uhr eine Sitzung der Eurofinanzminister ein – telefonisch, weil das anders nicht mehr zu organisieren gewesen wäre. Kurz nach 20 Uhr war die Sitzung schon zu Ende. Dijsselbloem erklärte, haben die Euro-Finanzminister in dieser Sitzung die Bitte Griechenlands um Verlängerung des um Mitternacht auslaufenden Hilfsprogramms abgelehnt. Damit verliert Griechenland den Zugriff auf Hilfsmittel von insgesamt rund 16,3 Milliarden Euro. Für eine erneute Verlängerung des Programms sei es zu spät, sagte Dijsselbloem. Seinen Angaben zufolge wird die griechische Regierung heute, Mittwoch, einen neuen Vorschlag übermitteln.

Der finnische Finanzminister Alexander Stubb erklärte über Kurnachrichtendienst Twitter, dass die Bitte des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras für neue Kredite des Euro-Rettungsfonds ESM dem normalen Verfahren folgen müsse. Der ESM vergibt Darlehen stets nur unter Auflagen. Er bezog sich damit auf einen Brief von Tsipras an Dijsselbloem, in dem man die Partner um ein drittes Hilfsprogramm bat. Damit sollen die Verbindlichkeiten an den IWF aus Mitteln des Eurostabilitätsmechanismus (ESM) zwischenfinanziert werden. Die finanzielle Unterstützung solle zunächst über zwei Jahre laufen, heißt es in dem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt. Theoretisch könnten derzeit 433 Milliarden Euro für Hilfen an in Not geratene Eurostaaten mobilisiert werden.

Erstaunlich daran: Tsipras hatte in der Nacht davor im griechischen Fernsehen betont, dass die Volksabstimmung in Griechenland über den Reformvorschlag der drei Institutionen zum zweiten Hilfsprogramm am Sonntag auf jeden Fall stattfinden werde. Er kündigte an, dass er zurücktreten werde, sollten die Griechen Ja sagen und das Reformprogramm der Gläubiger akzeptieren. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte, vor dem Referendum am Sonntag könne es daher keine Lösung geben. Die griechische Regierung ist einem Zeitungsbericht aus Malta zufolge unter Bedingungen zu einer Absage des für Sonntag geplanten Referendums bereit. (Thomas Mayer, 1.7.2015)