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Im Vorjahr sahen in Mörbisch 127.000 Leute das Musical "Anatevka". "Wir hatten damit 7000 Zuschauer mehr als im Jahr zuvor", und da diese Steigerung die erste seit 2008 sei, "ist das schon ein Trendwechsel", meint Intendantin Dagmar Schellenberger.

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Wien – Wenn Intendantin Dagmar Schellenberger einstreut, "wir sind noch nicht ganz überm Berg", geht es ihr nicht um den Hinweis auf eine irgendwie alarmierende Lage. Da wäre die Chefin der Seefestspiele Mörbisch, die zu Gesprächen gern ins Café Landmann bittet, gründlich missverstanden worden. In ihrem dritten Sommer als Nachfolgerin von Harald Serafin berichtet sie nur von guten Zahlen; die Vorjahrsproduktion, das Musical Anatevka, habe 127.000 Besucher angelockt.

"Wir hatten damit 7000 Zuschauer mehr als im Jahr zuvor", und da diese Steigerung die erste seit 2008 sei, "ist das schon ein Trendwechsel." Also: Mit "nicht ganz überm Berg" meint Schellenberger einfach die Rückholung jenes Publikums, das über die finalen Serafin-Jahre verlorengegangen ist. 2007 etwa hatten 183.770 Besucher Wiener Blut gesehen, die große Finanzkrise war auch in den USA erst langsam im Anrollen ...

Heuer soll wieder ein Johann-Stauß-Werk für erhofften Andrang sorgen; wobei auf der Bühne nicht nur eine venezianische Ballnacht erweckt wird: Eine Nacht in Venedig begrüßt sogar auch ein Kreuzfahrtschiff in seiner Mitte: "Es hat einen Durchmesser von 30 Metern. Da hat auch der Serafin gemein: ,Wow, das hätte ich mir zu meiner Zeit auch gewünscht!'" Ja, der "Harald kommt wieder nach Mörbisch, wir haben uns versöhnt, alles ist gut", erklärt Schellenberger, die in dieser Inszenierung von Karl Absenger zwei Künstlerwelten zusammenbringt.

"Ich brauche ein richtiges Weib"

In diesem Tarnspiel "zeigen wir, wozu Menschen mutieren, wenn sie Masken aufsetzen. Das wird zum einen durch traumhafte Sänger wie Heinz Zednik und Herbert Lippert geschildert. Da ist aber auch diese Sphäre des Kabaretts, jene der singenden Schauspieler also, die etwa Joesi Prokopetz repräsentiert."

Auch Schellenberger selbst wirkt bei dieser Nacht mit, was so nicht geplant war, aber für die Sopranistin aus dem deutschen Oschatz auch keinen Sonderstress bedeutet: "Es ist für mich das Normalste auf der Welt, es geht ja um eine kleine Rolle, jene der Barbara. In dem Stück geht es auch darum, wie man jemanden schnell ins Bett kriegt."

Das schaffe hier keiner, so Schellenberger, "nur Barbara mit einem jugendlichen Liebhaber. Ich hatte eine junge, schöne Dame für die Rolle vorgesehen, die Regie meinte jedoch: ,Was soll ich mit der – ich brauche ein richtiges Weib! Das machst gefälligst du selbst!'" Und auch "mein Vorstand hat mir prinzipiell nahegelegt zu spielen. Es ist wohl in Ordnung fürs Publikum, eine Identifikationsfigur zu haben."

Keine Subventionen seit 2007

Zu tun gibt es abseits der Bühne allerdings ausreichend. Seit 2007 gibt es für Mörbisch keine Subventionen. Und auch aktuelle Besuche etwa bei Kulturminister Josef Ostermayer verlaufen zwar sehr freundlich – enden allerdings mit dem Satz: "Du machst das schon!" Eigentlich ginge das nicht, meint Schellenberger; man bräuchte Subventionen als Sicherheitsnetz. Sponsoren sind ja auch rar. Immerhin: Die Casinos Austria sind dabei, "denen habe ich die Produktion schmackhaft gemacht durch die Information, dass Kasinos als solche in Venedig gegründet wurden."

Und die Zukunft? Schellenberger kann sich vorstellen, zwei unterschiedliche Stücke in einem Sommer zu spielen. Sie will auch den Plan einer Kinderoper nicht aufgeben. In jedem Fall hofft sie auch, dass es im Römersteinbruch St. Margarethen, wo heuer Tosca gespielt wird, gut und mit der neuen Intendantin Maren Hofmeister aufwärtsgeht. Es habe sich schließlich Unerwartetes gezeigt: Wenn es der "Konkurrenz" gutgeht, geht es auch Mörbisch gut. (Ljubisa Tosic, 1.7.2015)