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Das Richardson-Ziesel benimmt sich bei Sichtung eines Feindes merkwürdig und scheint mit den Artgenossen zu flüstern.

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Wien – Eigentlich unterscheidet sich Ultraschall nicht von dem Schall, den auch wir Menschen hören können – er wird nur in Frequenzen erzeugt, die außerhalb unserer Wahrnehmung liegen, also höher als 20.000 Hertz (unsere untere Schallschwelle liegt bei 20 Hertz). Fledermäuse und Delfine sind dafür bekannt, diesen Bereich für Orientierung und Kommunikation zu nutzen – doch auch die meisten Nager bedienen sich des Ultraschalls, wenn auch gewöhnlich nicht in so elaborierter Form wie Mäusemännchen.

Erst vor rund zehn Jahren entdeckten kanadische Wissenschafter, dass manche Individuen des Richardson-Ziesels (Spermophilus richardsonii) sich eigenartig zu verhalten schienen: Bei Sichtung eines Feindes bewegten sie sich ganz so, als würden sie ihre üblichen, auch für Menschen deutlich hörbaren Warnrufe ausstoßen – klangen aber, als würden sie flüstern. Wie sich herausstellte, warnten sie ihre Artgenossen sehr wohl, allerdings mit rund 50.000 Hertz. Die anderen Tiere reagierten darauf mit erhöhter Wachsamkeit.

Die kanadischen Ziesel sind aber auch im für uns hörbaren Bereich alles andere als schweigsam. Sie verfügen über ein großes Repertoire an Lauten, die sie in verschiedenen Kombinationen einsetzen. Dazu gehören Alarmsignale, die einen Bodenfeind ankündigen, und andere, die auf einen Angreifer aus der Luft aufmerksam machen. An sie kann im Bedarfsfall ein Laut angehängt werden, der sich wie das englische Wort "Chuck" anhört und die Dringlichkeit der Warnrufe erhöht.

Wer warnt, lebt gefährlich

Warnrufe, die auch der Feind hören kann, haben allerdings den Nachteil, dass der Warner selbst damit auf sich aufmerksam macht und daher Gefahr läuft, der Gefahr als Erster zum Opfer zu fallen. Möglicherweise stellt Ultraschall daher eine Art Stealth-Modus der Akustik dar: Um die hohen Frequenzen wahrnehmen zu können, braucht es unter anderem eine komplexe Veränderung des Innenohrs. Viele Beutegreifer können sie daher nicht oder nur eingeschränkt hören, was dem Warnrufer einen wesentlichen Vorteil verschafft.

Davon abgesehen, wird Ultraschall leicht von kleinen Objekten reflektiert und abgelenkt, wodurch seine Quelle schwer zu lokalisieren ist. Allerdings hat er nur eine recht kurze Reichweite, was einer der Gründe sein dürfte, dass Warnrufe nicht ausschließlich auf diesen Frequenzen erfolgen.

Im Ultraschallbereich liegen auch die Rufe vieler Nagerjungen, so etwa bei diversen Mäuse- und Rattenarten: Sie alarmieren damit in unangenehmen oder beunruhigenden Situationen ihre Mütter. Die Neurotransmitter, die dabei bei Hausmäusen zum Einsatz kommen, ähneln übrigens stark jenen, die auch beim Menschen für Ängstlichkeit verantwortlich sind.

Interessanterweise sind die Mäusekinder imstande, ihr Rufverhalten an die jeweilige Situation anzupassen: Kommt ein bis dahin isoliertes Junges kurz mit seiner Mutter in Kontakt und wird dann wieder von ihr getrennt, beginnt es deutlich intensiver zu rufen. Wird es jedoch mit einem unbekannten Männchen konfrontiert, stellt es das Rufen ein, und zwar mit gutem Grund: Fremde Mäuseriche sind die häufigste Todesursache von Nestlingen.

Gekitzelte Wanderratte

Lautäußerungen treten jedoch nicht nur in bedrohlichen Zusammenhängen auf: Von heranwachsenden Wanderratten weiß man, dass sie Laute von rund 50.000 Hertz beim Spielen und Balgen erzeugen, oder auch wenn sie von Menschen gekitzelt werden. Erwachsene Ratten beiderlei Geschlechts geben beim Sex ebenso Ultraschallrufe von sich wie Goldhamster, Lemminge und viele Feldmäuse. Von den Ratten weiß man ja auch, dass diese Lautäußerungen eine Rolle dabei spielen, das Verhalten der Sexualpartner zu koordinieren. Unter Goldhamstern gilt ein ähnliches Prinzip: Weibchen verharren länger in Kopulationsstellung, wenn die Männchen Laute im Ultraschallbereich von sich geben.

Übrigens gab es vor etwa neunzig Jahren ein Mäusemännchen in Detroit, das auch für uns Menschen hörbar "sang". Der Hausbesitzer fing es ein und führte es einer ihm bekannten Musikerin vor, die sich jedoch unbeeindruckt zeigte: Die Töne schienen ihr nicht rein genug. Der Mäuserich wurde Wissenschaftern überantwortet, die ihn schließlich mit Labormäusen kreuzten, aber enttäuscht feststellen mussten, dass sich sein Talent nicht auf seine Nachkommenschaft übertrug. (strn, 3.7.2015)