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Um gegen resistente Keime vorzugehen, sprühen Forscher der Uni Salzburg Lebensmittel mit Curcumin ein – ein harmloser Lebensmittelfarbstoff, der etwa in Curry vorkommt. Bei der Bestrahlung mit Blaulicht werden die Bakterienmembranen zerstört.

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Dieses Modell eines Curcuminmoleküls zeigt Kohlenstoffatome in Grau, Wasserstoffatome in Weiß und Sauerstoffatome in Rot.

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Wien/Salzburg – Ihre Fähigkeit, das Wachstum von Mikroorganismen zu hemmen oder gänzlich zu stoppen, macht Antibiotika zu den wichtigsten Arzneimitteln gegen bakterielle Infektionskrankheiten. Doch unter gewissen Umständen sind die Mikroorganismen in der Lage, sich gegen Antibiotika zu immunisieren, wodurch diese ihre Wirksamkeit verlieren. Eine Reihe aktueller Forschungsprojekte in Österreich und international beschäftigt sich mit Strategien gegen die Antibiotikaresistenz.

Schon 2011 sprach die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation, Margaret Chan, von einem drohenden "postantibiotischen Zeitalter", in dem viele Infektionen nicht mehr geheilt werden könnten. Neben Krankenhauskeimen ist die Lebensmittelproduktion der zweite große Risikofaktor – immer mehr resistente Keime finden über die Nahrung ihren Weg in den menschlichen Körper. Die Food and Drug Administration in den USA listet unter den diesbezüglich gefährlichsten Lebensmitteln Salat an erster Stelle, gefolgt von Eiern, Tunfisch, der Auster und Kartoffeln.

Desinfektion der Haut

An der Universität Salzburg forscht eine Gruppe um den Biophysiker Kristjan Plätzer an der sogenannten photodynamischen Inaktivierung von Mikroorganismen. Das Prinzip dabei: Das zu behandelnde Lebensmittel wird mit einem Photosensibilisator – in diesem Fall Curcumin, ein harmloser Lebensmittelfarbstoff, der etwa in Curry vorkommt – eingesprüht. Wird dann das Nahrungsmittel mit ganz normalem Blaulicht bestrahlt, sorgt dessen Wechselwirkung mit dem Sensibilisator dafür, dass die Bakterienmembranen zerstört und so die Bakterien abgetötet werden.

Neueste Forschungen dieser Gruppe beschäftigen sich mit der Desinfektion von Haut – gearbeitet wird mit Schweinehaut, die der Menschenhaut sehr ähnlich ist. "Unser Ziel ist es, die Oberflächen von Tieren und Fleisch zu desinfizieren, aber auch oberflächliche Wunden des Menschen können damit behandelt werden", sagt die Biologin Nicole Tortik, die an der Universität Salzburg für dieses neue Projekt zuständig ist.

Einen anderen Weg geht die Lebensmitteltechnologin Victoria Heinrich am Werkstoffprüfzentrum OFI in Wien in Zusammenarbeit mit der Uni für Bodenkultur: Sie stellt den Keimen so viel Energie auf einmal zur Verfügung, dass sie damit nicht umgehen können und platzen. Drei Effekte tragen dazu bei: Ein photochemischer Effekt führt zur Schädigung der DNS, ein photothermischer zu Zellzerstörung und ein photophysikalischer zu strukturellen Zellschäden. Der Prozess heißt Lichtpulsverfahren, weil die Energie durch Bestrahlen der Mikroorganismen mit hochintensivem Licht erzeugt wird. Generell kann die Lichtpulstechnik an allen Materialien eingesetzt werden, mit denen Lebensmittel in Kontakt kommen, also an Verpackungen ebenso wie an Messern oder Schneidbrettern. "Konkret entkeimen wir mit Lichtpulsen Verpackungen wie Joghurtbecher, aber auch Lebensmitteloberflächen können damit dekontaminiert werden", sagt Heinrich.

Der Biologe Tim Maisch an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Regensburg geht mit sogenanntem Cold Plasma gegen die Keime vor. Dieses wird nach fest, flüssig und gasförmig auch der vierte Aggregatzustand genannt und ist im Prinzip ein ionisiertes Gas. So sind etwa die Sonne oder auch Blitze natürliche Plasmaquellen. Für medizinische Anwendungen müssen atmosphärische Plasmen "kalt" sein – deshalb Cold Plasma –, das heißt bei Raumtemperatur und bei normalem Druck erzeugt werden können. Bakterien, die künstlichen Cold-Plasma-Quellen ausgesetzt sind, sterben ab.

Für Plätzer ist der wichtigste Weg in all diese neuen Technologien zum einen die industrielle Anwendung, wofür Partner nötig sind, zum anderen hält er die Frage nach der Akzeptanz durch den Konsumenten für zentral: "Welche Behandlung von Lebensmitteln ist der Käufer bereit zu akzeptieren, wenn dafür die Gefahr der Kontaminierung durch womöglich resistente Keime gering gehalten wird?", fragt der Forscher. "Diese Frage wird mitbestimmen, wie wir der Bedrohung durch Resistenzen begegnen können." (Armin Fluch, 3.7.2015)