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Kanzlerin Angela Merkel will das "stolze" griechische Volk nicht beeinflussen. Vizekanzler Sigmar Gabriel fand am Montag schärfere Worte.

AP/Markus Schreiber

So richtig genießen wollte keiner den Sekt und die Häppchen, die am Montagvormittag gereicht wurden, als die CDU in Berlin ihren 70. Geburtstag feierte. Kanzlerin und Parteivorsitzende Angela Merkel entschwand kurz nach ihrer Rede in den Bundestag, wo sie die Fraktion informierte. Danach traf sie sich mit Vizekanzler Sigmar Gabriel, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum Krisengespräch. Ihre Position erläuterte Merkel anschließend bei einer Pressekonferenz mit Gabriel.

"Robustes Europa"

Der Auftritt der beiden sollte das Gleiche signalisieren wie jener von Merkel und dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) 2008, am Höhepunkt der Finanzkrise, als sie die deutschen Spareinlagen als sicher bezeichneten: In der Krise steht die große Koalition zusammen.

Obwohl: Eine schwere Krise sieht Merkel gar nicht: "Wir sehen, dass Europa heute robuster auf eine solche Situation reagieren kann, als es vor fünf Jahren der Fall gewesen wäre", sagte sie und machte deutlich, woran die Gespräche gescheitert sind: "Der Wille zu einem Kompromiss war auf griechischer Seite nicht da." Ein solcher sei in Europa aber nötig. Denn: "Niemand kann einhundert Prozent bekommen."

Referendum entscheidet

Das für Sonntag angesetzte Referendum in Griechenland respektiere sie natürlich. "Keiner will von außen das Abstimmungsverhalten mündiger griechischer Bürger und eines stolzen Volkes beeinflussen", erklärte Merkel. Ihr Vizekanzler Gabriel war jedoch um einiges deutlicher: "Ein Ja oder Nein entscheidet über einen Verbleib in der Eurozone", erklärte er. Merkel betonte weiterhin Gesprächsbereitschaft mit Athen. Sollten die Griechen nach dem Referendum wieder Gesprächsbedarf haben, "werden wir uns solchen Verhandlungen selbstverständlich nicht verschließen".

Im Gespräch sind auch jene Kosten, die auf Berlin bei einem Grexit zukommen könnten. Schäuble sieht seine Haushaltsplanung samt schwarzer Null nicht in Gefahr. Ausfälle bei Zins- oder Tilgung würden sich "erst schrittweise und verteilt über viele Jahre auf den Bundeshaushalt auswirken", schreibt er in einem Brief an die Abgeordneten. Die von Deutschland verbürgten Hilfskredite von 53 Milliarden Euro würden erst ab 2020 fällig.

Industrie gibt sich gelassen

Auch die Wirtschaft gibt sich gelassen. "Der Grexit wäre ein riesiges Problem für die griechische Wirtschaft, die sehr stark von Importen abhängig ist", sagt der Präsident des Industrieverbandes BDI, Ulrich Grillo. "Für die deutsche Industrie wären die unmittelbaren Folgen eines Austritts der Griechen aus der Währungszone aufgrund des vergleichsweise geringen Handelsvolumens beschränkt." (Birgit Baumann aus Berlin, 30.6.2015)