Istanbul/Straßburg/Wien – Der Europarat hat den Gewalteinsatz der türkischen Polizei gegen die Homosexuellen-Kundgebung in Istanbul am gestrigen Sonntag scharf kritisiert. Er sei "schockiert und sehr enttäuscht", erklärte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muiznieks, am Montag auf Facebook.

"Die Polizei sollte Demonstranten beschützen, nicht angreifen", betonte Muiznieks. Dagegen rechtfertigten die Istanbuler Behörden das Eingreifen der Beamten als angemessen.

Gewaltsames Vorgehen

Die Polizei war mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen gegen Teilnehmer der Gay Pride Parade im Zentrum von Istanbul vorgegangen. An dem Marsch für mehr Rechte für Schwule und Lesben hatten auch die Istanbuler Konsuln von Frankreich, Großbritannien und den USA teilgenommen.

Muiznieks erklärte, die Versammlungsfreiheit sei ein grundlegendes Menschenrecht, das vom Europarats-Mitglied Türkei besser geschützt werden müsse. Er rief die türkischen Behörden zur Bestrafung der Verantwortlichen auf. Auch im Internet und einem Teil der türkischen Medien stieß das Vorgehen der Polizei auf scharfe Kritik.

Offenbar keine Genehmigung

Das Istanbuler Gouverneursamt teilte mit, die Kundgebungsteilnehmer hätten keine Genehmigung für die Veranstaltung gehabt. Zudem habe es Hinweise auf mögliche Störaktionen anderer Gruppen gegeben. Die regierungstreue Zeitung "Sabah" berichtete, Teilnehmer der Gay Pride Parade hätten sich auf Transparenten über den Ramadan, den Heiligen Fastenmonat der Muslime, lustig gemacht.

Die Außenpolitische Sprecherin der österreichischen Grünen, Tanja Windbüchler, zeigte sich in einer Aussendung über das Vorgehen der türkischen Polizei gegen die Kundgebungsteilnehmer entrüstet. "Die Polizei in einem demokratischen Staat darf nicht mit Gewalt gegen eine Gay Pride Parade vorgehen (...)." Die Gay Pride in Istanbul sei jedes Jahr ein "buntes friedvolles Fest". Laut dem Veranstalter habe Gouverneur Vasip Sahin die Parade heuer ohne Vorwarnung verboten. Windbüchler rief Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) auf, die Türkei aufzufordern, die Rechte der LGBT-Community zu wahren. (APA, 29.6.2015)