Also sprach Angela Merkel am Donnerstag nach den erneut gescheiterten Verhandlungen: "Es ist nicht möglich, irgendwelches neues Geld zu finden, was bislang nicht da ist". "Das Geld ist weg", sagte etwas früher der Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, ein Mitglied der Partei "Die Linke".

In der Tat ist bei dem Gezerre um die "Rettung Griechenlands" komischerweise eines aus dem Gesichtsfeld gerückt: die Riesensummen, die bereits an Griechenland geflossen sind bzw. als Haftungen im Raum stehen. Was passiert mit dem europäischen Finanzgefüge, wenn dieses Geld "weg" ist, das heißt, wenn die dutzenden Milliarden abgeschrieben werden müssen, die jetzt optimistischerweise als einbringliche Forderungen in den Büchern stehen?

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat allein in den letzten Wochen über die griechische Nationalbank 87 Milliarden Notkredite an die griechischen Banken vergeben, um deren sofortigen Zusammenbruch und den anschließenden griechischen Staatsbankrott plus Zusammenbruch der gesamten Wirtschaft zu verhindern. Notwendig wurde das, weil die Griechen in berechtigtem Misstrauen gegenüber ihrer Regierung seit einem halben Jahr rund 40 Milliarden von ihren Sparkonten abgehoben haben. In der letzten Woche beschleunigte sich das angeblich auf mehrere Hundert Millionen pro Tag.

Wie lange geht das? Hat die EZB endlos Geld? Sehr vereinfacht gesagt, kann die Zentralbank Geld schaffen. Aber das Ausmaß dieses Prozesses hat gewisse Grenzen, die letztlich von der Wirtschaftskraft der Mitgliedsstaaten und ihrer politischen Zustimmung abhängen. Österreich hat geschätzt ein Risikoobligo von drei Milliarden an Krediten an Griechenland aus seinem Anteil an der EZB. Außerdem gibt es zwei europäische Rettungsschirme: EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) und ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus). An diesen haben die Staaten diverse Anteile gezeichnet. Rund 240 Milliarden insgesamt. Die europäischen Institutionen haben praktisch die Finanzierung der griechischen Staatsschuld übernommen. Österreich hat bei den diversen Rettungsschirmen etwa 1,8 Milliarden cash eingezahlt, es besteht aber im Fall des Falles eine weit höhere Nachschusspflicht.

Was passiert, wenn das Geld wirklich weg ist? 2012 gab es bereits einen Schuldenschnitt für Griechenland von rund 105,5 Milliarden. Das traf weitgehend private Insitutionen. Wenn es wieder einen Schuldenschnitt gibt (und den wird es früher oder später geben), dann ist es einer der europäischen Staaten. Was sind die Auswirkungen auf den österreichischen Staatshaushalt?

Das heißt nicht, dass man Griechenland nicht helfen sollte – wenn es irgendwelche Ansätze zeigt, ein funktionierender Staat werden zu wollen – was sich Kanzler Werner Faymann bei seiner Solidaritätsreise zu Alexis Tsipras hoffentlich überlegt hat.

Werden die Unsummen, die da im Feuer stehen, ohne Auswirkungen auf die finanzielle und wirtschaftliche Stabilität in Europa bleiben? Das weiß im Grunde niemand. (Hans Rauscher, 26.6.2015)