Wien – Mit der Forderung "Österreich muss den Umstieg auf Erneuerbare beschließen" haben am Freitag die Umweltschutzorganisationen Global 2000, WWF und Greenpeace in Wien ein Energieszenario präsentiert. Es soll zeigen, dass eine Energiewende möglich ist, wenn sich der Energieverbrauch bis 2050 halbiert. Das wäre zudem das "Ende der Auslagerung der Energieversorgung", sagte Experte Andreas Veigl.

Veigl hat die Studie "Energiezukunft Österreich – Szenario für 2030 und 2050" im Auftrag der drei genannten NGOs erstellt, die nicht zuletzt auch ein Appell an die Bundesregierung anlässlich des Klimagipfels in Paris ist, der im Dezember stattfindet. "Österreich wartet gerne ab und behauptet dabei, eine Vorreiterrolle in der Klimapolitik zu haben", sagte Hanna Simons, Direktorin für Umweltpolitik bei Greenpeace. Tatsächlich betreibe die Bundesregierung aber die Politik eines Nachzüglers. "Ein deutliches Signal der österreichischen Bundesregierung, dass die Zukunft den erneuerbaren Energien gehört" brauche es stattdessen, ergänzte Global-2000-Geschäftsführerin Leonore Gewessler. Nur so sei das 2-Grad-Ziel erreichbar, zu dem sich die Staatengemeinschaft wie auch die G-7 bekannt haben.

Sofortige Umsetzung notwendig

Die Studie zeige die Möglichkeit der Energiewende, aber "es muss sofort mit der Umsetzung begonnen werden, sagte der Energieexperte Veigl. Die Realisierung erfordert die Miteinbeziehung von Wirtschaft und auch Konsumenten, sagte WWF-Geschäftsführerin Andrea Johanides, die drei Hauptpunkte für den Weg zur Dekarbonisierung nannte:

- So müssten bis 2050 die bestehenden Gebäude durchsaniert sein und neuzuerrichtende den Passivhausstandards entsprechen. Das ermöglicht laut Studie, dass der Energieverbrauch für Heizungen bis 2030 um rund 30 Prozent und bis 2050 um über 50 Prozent sinken würde. 40 Prozent des globalen Energieverbrauchs fallen auf den Gebäudesektor.

- Die industrielle Produktion müsse energieeffizienter werden. Die Energieeffizienz müsse dazu jährlich um 1,2 Prozent (derzeit sei es ein Prozent) steigen, womit trotz positiver Wirtschaftsentwicklung und einhergehender Steigerung der Arbeitsplätze der Energieverbrauch bis 2050 um 22 Prozent sinken würde, ohne das im strukturelle Brüche notwendig wären.

- Beim Verkehr wurde als wichtigster Punkt der Güterverkehr genannt, der innerhalb von 35 Jahren zu 50 Prozent auf die Schiene verlagert werden soll. Dazu käme beim Individualverkehr aufgrund der Verstädterung der zunehmende Gebrauch der Öffis und eine Verschiebung weg von Flug- hin zu Zugreisen – zumindest innerhalb von Zentraleuropa. Der Energieverbrauch im Sektor Verkehr würde so bis 2030 um die Hälfte und bis 2050 um drei Viertel sinken.

Neue Arbeitsplätze

Neben der bereits erwähnten Möglichkeit der unabhängigen Energieversorgung für Österreich – man zahle mehr als elf Milliarden Euro netto für fossile Energien aus Staaten wie Kasachstan, Nigeria oder Russland – würde eine Klimaschutzpolitik auch tausende neuer Arbeitsplätze schaffen. Bis 70.000 neue Jobs wären bis ins Jahr 2020 möglich, sagte Global-2000-Geschäftsführerin Gewessler.

Die im Auftrag des Umweltministeriums sowie des Klima- und Energiefonds erstellte Studie "COIN – Cost of Inaction" zeige hingegen, das die Inaktivität im Bereich Klima volkswirtschaftliche Schäden von acht Milliarden Euro jährlich mit sich bringen würde, ergänzte Simons von Greenpeace. Letztlich würde die Studie nicht nur mit der Mär aufräumen, dass eine Energiewende nicht machbar sei, "sie ist im Grunde auch ein Investitionsprogramm", schloss Veigl.

Letztendlich geht es um eine Verringerung der Treibhausgase und hier würde der faire Anteil Österreichs minus 50 Prozent bis 2030 und minus 90 Prozent bis 2050 betragen, sagte Simons von Greenpeace.

Im Kampf gegen den Klimawandel hat zuletzt auch die Industrieländerorganisation OECD höhere Steuern auf Energie gefordert. "Energieverbrauch wird zurzeit gering und inkonsequent besteuert", sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurria am Donnerstag. Österreich liegt den OECD-Angaben zufolge bei den Steuern im Mittelfeld der Industriestaaten. Pro Tonne CO2, die durch Energieverbrauch in die Luft geblasen wird, werden demnach im Durchschnitt umgerechnet 57,90 Euro an Steuern fällig. In der Schweiz sind es 107,30 Euro, in Deutschland 58,30 Euro, in den USA nur 4,80 Euro. (APA, 26.6.2015)