Bild nicht mehr verfügbar.

Facebook-Mitarbeiter bei der Büroeröffnung in Hongkong. Ihr Konzern macht sein Geschäft mit Nutzerdaten – ohne eine Alternative anzubieten

Foto: AP/Cheung

Daten sind das neue Gold, und längst wird nicht mehr nur im Silicon Valley danach geschürft. Kaum ein moderner Konzern kann darauf verzichten, möglichst viele Informationen über seine Nutzer zu sammeln und diese für eine Vielzahl an Zwecken zu verwenden. So hilft Big Data, Marktanalysen anzustellen – kein Wunder, dass Kundenkarten in Supermärkten und Drogerien schon seit Jahrzehnten Usus sind. Auch in der Politik wird mit Datenmassen hantiert. Dort heißt die Ware halt Wählerstimmen – man denke etwa an die Wahlkämpfe von US-Präsident Barack Obama, die Online-Kampagnen neu definierten.

Skype-Gespräche aufzeichnen

Andere Firmen versuchen, ihre Produkte mithilfe der Nutzer automatisiert zu verbessern. Ein Vorgang, der als "Machine Learning" bezeichnet und etwa von Microsoft genutzt wird: Dessen Sprach- und Video-messenger Skype ist nun in der Lage, in Echtzeit Gespräche zu übersetzen. Das funktioniert aber noch nicht reibungslos, weshalb eine Testphase eingeleitet wurde. Nutzer können den Service gratis verwenden, solange ihre Gespräche anonymisiert aufgezeichnet und analysiert werden dürfen. So will es Microsoft schaffen, möglichst viele Redewendungen und lokale Dialekte aufzuschnappen.

Von Badehosen verfolgt

Den Löwenanteil unter den Big-Data-Anwendungen hält aber die Werbebranche. Zwei der wichtigsten Player der Internetbranche haben ihr gesamtes Erlösmodell darauf ausgerichtet: Google und Facebook verdienen daran, über ihre Nutzer möglichst treffsichere Profile zu erstellen. Die werden anschließend genutzt, um Werbeanzeigen präzise auf Individuen zuzuschneiden. Wer kennt das nicht: Auf Google sucht man nach einem bestimmten Produkt, beispielsweise einer Badehose. Minuten später ist man auf anderen Webseiten unterwegs – und wird kurioserweise mit Werbungen von Badehosen bombardiert.

Die Verfolgung im Netz erfolgt meist durch sogenannte Cookies, die sich an die Fersen des Konsumenten heften. Der IT-Manager Gary Kovacs sorgte mit diesem Thema 2012 für Furore: Bei einem Experiment stellte er fest, nach nur einem Tag am Computer von 150 verschiedenen Webseiten verfolgt zu werden – und die meisten Services waren ihm nicht einmal bekannt.

Politik wacht langsam auf

Mit langjähriger Verspätung beginnt sich nun aber die Politik für die Sammelwut der IT-Konzerne zu interessieren. Die Reform der EU-Datenschutzrichtlinie geht gerade in ihre finale Phase, die derzeit gültige Fassung stammt noch von 1995. Also aus der Ära vor Google, Facebook und Co. Die EU-Kommission rückt die Zustimmung der Nutzer zum Datensammeln in den Vordergrund.

Außerdem soll es Menschen erleichtert werden, ihre Daten zu einem konkurrierenden Angebot mitzunehmen. Spielen IT-Konzerne nicht mit, blühen ihnen künftig Strafen in Milliardenhöhe. Natürlich spielt auch für EU-Bürger die US-Politik eine große Rolle, da die meisten Internetkonzerne ja aus den USA stammen. Der österreichische Aktivist Max Schrems kämpft etwa an mehreren Fronten gegen illegitime Datensammlung von Facebook.

Ein moralisches Angebot

Für Aufsehen sorgte indes jüngst die US-amerikanische Soziologin Zeynep Tufekci. Sie will eine Alternative zum gängigen Modell, bei dem Menschen für kostenfreie Nutzung von Diensten mit persönlichen Daten bezahlen. "Lieber Mark Zuckerberg, lass mich 20 Cent für meine Facebook-Nutzung bezahlen", schrieb Tufekci unlängst in der New York Times. Im Gegenzug für den Betrag sollte Facebook ihr zugestehen, nicht länger überwacht zu werden. Ein moralisches Angebot, das sich für Facebook aufgrund der Nutzerzahlen rentieren könnte.