Das Prinzip des "Activity Based Working" kam bei der Planung des M.o.o.con -Standorts zum Einsatz, der Ende Juli bezogen werden soll.

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"Work smarter" war die konzerninterne Vorgabe beim Firmensitz von Ericsson, der vergangenen Herbst bezogen wurde.

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Die Zukunft ist knallig: Rot, orange, blau oder grün – zumindest wenn man sich aktuelle Beispiele für neue Arbeitswelten in Wien anschaut. Das schwedische Unternehmen Ericsson ist seit vergangenem Herbst mit dem Umbau seines Standorts im 2. Bezirk fertig, das Beratungsunternehmen M.o.o.con will im Juli in das neue Büro im 1. Bezirk ziehen.

Bei beiden gehören fixe Arbeitsplätze der Vergangenheit an. Dafür gibt es eine Etikette sowie strukturierte Großraumbüros mit Ruhe- und Meetingbereichen. Beide Unternehmen haben ihre Mitarbeiter in die Planung miteinbezogen.

"Die industrialisierte Arbeitsweise hat sich überholt", sagt Ericsson-Austria-Geschäftsführer Gottfried Madl. "Wir brauchen Räume, in denen sich die Leute treffen können." Das können sie zum Beispiel im großen Gemeinschaftsbereich auf bunten Polstermöbeln. Die Lampen hier sind orange, rot und blau. Der Boden aus Holz macht es heimelig. Die schwedische Herkunft ist augenscheinlich: "Viele Leute kommen herein und sagen: Das schaut aus wie bei Ikea", sagt Madl.

Vor fast zwei Jahren wurde der Entschluss gefasst, den Firmensitz einer Rundumerneuerung zu unterziehen. Damals wurde eine interne Arbeitsgruppe gebildet, die als Kollektiv die wichtigen Entscheidungen traf. Die Vorgaben des in mehr als 180 Ländern aktiven Konzerns: ein "Work smarter"-Konzept mit bestimmten Rahmenbedingungen. Die Umsetzung oblag jedoch dem Standort selbst, zumindest größtenteils: Aus einem Katalog mit 1500 Elementen musste vom Möbelstück bis zum Fußboden alles ausgewählt werden.

Weniger und mehr Platz

Richtig fertig ist man seit etwa zwei Monaten, schätzt Madl. Damals kam der für den Aufenthaltsbereich zentrale Holztisch. Die Neuerungen seien "fantastisch" aufgenommen worden, etwa die jeden Tag aufs Neue frei wählbaren Arbeitsplätze, an denen auch stehend gearbeitet werden kann.

Um den Mitarbeitern trotzdem ein wenig "Guidance" zu geben, wurde die Bürolandschaft in kleine Nachbarschaften unterteilt. Wie oft der Tisch gewechselt wird, sei "menschenabhängig", sagt Madl. Auch der Chef selbst hat keinen fixen Platz mehr.

Wie anders es hier früher ausgeschaut hat, ist noch in einem kleinen, stillgelegten Teil des Büros ersichtlich: Er besteht aus einem endlos langen, schmalen Gang, ausgelegt mit rotem Teppichboden und aneinandergereihten Büro-Glaskästen.

"Wir wollten das Büro öffnen", erklärt der Planer Michael Thurow von tm concepts, der die neue Arbeitswelt entworfen hat. Die Bürofläche sei zwar von 2300 auf 1650 Quadratmeter geschrumpft: "Aber die Leute haben das Gefühl, dass sie jetzt mehr Platz haben." Erreicht habe er das durch Tricks, beispielsweise durch abgerundete Ecken.

Seit der Fertigstellung hat sich intern vieles verändert: So hat sich beispielsweise ein "Funteam" gefunden, das jeden zweiten Freitag zum "Color Friday" erklärt hat, an dem im Büro eine bestimmte Farbe getragen wird. Auch eine "Wall of Fame" für die besten Mitarbeiter des jeweiligen Quartals (inklusive Wanderpokal) wurde eingeführt und eine Glocke, die bei besonderem Erfolg geläutet wird. Auf der Terrasse wurden letztes Jahr von Mitarbeitern Tomaten angebaut, ein Kollege hat der Firma seinen Tischfußballtisch vermacht. "Der Rahmen hat sich verändert, und plötzlich gibt es etwas, was es vorher nicht gegeben hat. Man diskutiert nicht nur, sondern man macht", sagt Madl.

Integration der Mitarbeiter

Auch Herbert Zitter von M.o.o.con ist der Meinung, dass definierte Sprecher unterschiedlicher Gruppen in den Veränderungsprozess integriert werden müssen: "Man muss den Mitarbeitern die Chance zur Gestaltung geben." Denn sie wüssten am besten, wie ihr Arbeitsplatz aussehen soll – zudem sei das förderlich für die Akzeptanz für das neue Büro. Normalerweise setzt er sich für Kunden mit neuen Arbeitswelten auseinander, derzeit wird aber der eigene Standort umgebaut. Das sei auch ein "Reflexionsmodell".

Für 40 Mitarbeiter werden seit April 600 Quadratmeter umgebaut. Arbeitsplätze, die zuvor auf drei Ebenen lagen, werden auf einer Ebene zusammengeführt. Der Name des Projekts: Homebase. "Es soll wie ein Heimathafen sein, wo man gerne hingeht", erklärt Zitter. Denn der Home-Office-Anteil werde immer höher, es sei wichtig, mit dem Büro einen Mehrwert zu bieten.

Die Planung der Arbeitsflächen wurde nach dem Prinzip des "Activity Based Working" durchgeführt. Dabei wird der Arbeitsplatz auf die Tätigkeiten der einzelnen Mitarbeiter abgestimmt. "Der Schreibtisch ist nicht mehr der einzige Ort, an dem Arbeit geschieht", sagt Zitter. Denn Mitarbeiter würden mehrmals täglich zwischen kommunikativen und konzentrierten Arbeitssituationen hin und her wechseln.

Etikette entwickeln

Wichtig bei den neuen Formen des Arbeitens: eine Etikette, die gemeinsam entwickelt wird und wo beispielsweise festgelegt wird, wo Anrufe entgegengenommen werden dürfen. Wer länger als eine Stunde nicht am Platz ist, muss bei M.o.o.con zudem laut dieser Ordnung den Platz räumen – dafür besitzt jeder ein Kästchen, in dem persönliche Gegenstände aufbewahrt werden können. Tischtelefone wird es im neuen Büro nicht mehr geben, dafür wird intern mittels Smartphone kommuniziert.

Ein Patentrezept für ein gelungenes Büro gebe es nicht, betont Zitter. Das hänge stark von der Unternehmens- und Arbeitskultur ab – und auch der Führungskultur. Denn nicht in jedem Unternehmen wollen Führungskräfte das Statussymbol eines eigenen Büros aufgeben: "Und man darf die Veränderung nicht überstrapazieren." Beim "Activity Based Working" werde zudem eine starke Vertrauenskultur vorausgesetzt: "Da kann man nicht mehr erwarten, dass alle Mitarbeiter von 9 Uhr bis 17 Uhr an einem Ort zu finden sind." (Franziska Zoidl, 27.6.2015)