Fünfdreiviertel. Das wäre die eigentliche Kennung beim Wechsel vom T5 auf den T6. VW lanciert hier nämlich keinen ganz neuen "Bus ", sondern eine überaus gründliche Modellpflege. Die spielt allerdings alle Stückerln.

Kriegt man regelmäßig mit der Sommersonnenwende seine erste Winterdepression, muss man was dagegen tun. Zum Beispiel ins Reich der Weißen Nächte wallen, St. Petersburg böte sich an, Stockholm geht aber auch, und dort in den Mittsommernachtsbus steigen. Couch à la Sigi Freud in der Berggata, nein: Berggasse oder Gruppentherapie, schön einander zugewandt (oder auch nicht, falls man etwas g'schamig ist): Von der Sitzkonfiguration her ist das alles möglich und noch mehr.

Foto: Volkswagen

In welcher Liga bewegen wir uns? In einer mit zwei Radständen, wie Mercedes S-Klasse (5,11/ 5,25 m), BMW 7er (5,10/5,24 m), Audi A8 (5,14/5,27 m). Beim VW sind es 5,01 Meter in Kurzversion, 5,41 alser langer. Flugs lösen wir das Rätsel, die Rede ist nicht vom neuen Phaeton, sondern vom T6.

Von den (beinahe) 1001 möglichen Varianten, in denen sich der T6 konfigurieren lässt, vom Pritschenwagen über den Großraumtransporter bis zum Wohnreisemobil, greifen wir schlafwandlerisch das Clubmobil, also den Multivan, heraus, da der am deutlichsten in die Kategorie Pkw fällt.

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Zwischen T1 und T6 liegen 65 Jahre und gut zwölf Millionen Kunden, womit dieser Ahnherr aller Minivans, bei uns VW-Bus, in anderen deutschsprachigen Regionen Bulli genannt, zu den meistverkauften Autos der Welt zählt. Sauteuer, aber es wirkt: Das war früher einmal eine Shampoowerbung, sie trifft auch ziemlich gut das Phänomen VW-Bus.

Alle Welt war gespannt, wie VW reagieren würde auf die flegelhafte Mercedes-Attacke, die 2014 mit der V-Klasse ein völlig neues, luxuriöses Fahrzeug mit imposanter Technologiefülle lanciert haben. Und VW? Offenbar war das bisherige Konzept so überzeugend, dass der T6 kein ganz neues Fahrzeug wurde, sondern eine wenn auch höchst gründliche T5-Modellpflege. Modularer Was-weiß-ich-Baukasten? Noch keine Rede davon.

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Prüfet alles, und das Gute behaltet, hat Paulus den T6-Machern ins Stammbuch geschrieben. Warum auch nicht: Der Multivan ist ein herrlich entspannter Großraumer, in der Anmutung verbläst er ab der zweiten Sitzreihe selbst die V-Klasse. Fährt sich annähernd wie ein Pkw, ist auch mit Allrad erhältlich und antriebsseitig breit aufgestellt, vom brustschwachen 84-PS-Diesel bis zur Diesel- und Otto-Topmotorisierung mit 204 PS. Neben der 5- und 6-Gang-Schaltung gibt es noch ein 7-Gang-DSG (auch für den 150-PS-TDI), und wenn die neuen Triebwerke rund einen Liter Sprit weniger verbrauchen als bisher, dann ist der VW-Bus auch in der Hinsicht im Heute angekommen.

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Vernetzung hat VW mit dem Passat als ein neues Kernthema ausgerufen, vor diesem Hintergrund sind auch entsprechende Bestrebungen im T-Fünfdreiviertel verständlich. Es gibt eine neue Infotainmentgeneration, und das Touchscreen-Navi ist in den Größen fünf und 6,33 Zoll erhältlich.

Bei den Fahrassistenz- und Sicherheitssystemen ist alles verfügbar, was das Herz begehrt, einen Seitenwindassistenten wie in der Mercedes V-Klasse wird man allerdings vergeblich suchen. Generell aber wird die geneigte Gegnerschaft beim T6-Auftritt weiterhin so sein, wie dieser Bursche bei Asterix und die Normannen (das Bild sei aus Schweden berichtend erlaubt) hieß: Ganzbaf. Und uns hat der Multivan die Winterdepri wegtherapiert. Vorerst. (Andreas Stockinger, 26.6.2015)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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