Weil immer mehr unerfahrene Menschen im hochalpinen Gelände unterwegs sind, versuchen die heimischen Tourismusverbände, diese mit speziellen Angeboten auf die Herausforderungen am Berg und Klettersteig vorzubereiten.

Foto: Axel Jentzsch-Rabl

Wien – Jährlich verunglücken laut dem Kuratorium für Alpine Sicherheit sechs Menschen tödlich auf österreichischen Klettersteigen, auch die Unfallzahlen nehmen mit steigender Bergbegeisterung stetig zu. Häufigste Unfallursache ist die Erschöpfung, die durch eine falsche Selbsteinschätzung zustande kommt, erklärten Alpinexperten bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien.

43 Prozent der Unfälle geschehen laut dem Kuratorium für Alpine Sicherheit aufgrund von Selbstüberschätzung und mangelnder Tourenplanung, gefolgt von Stürzen und Stolpern wegen schlechter Trittsicherheit. Von den Verletzungen sind vor allem Anfänger betroffen, bei den tödlich am Klettersteig Verunglückten handelt es sich hingegen meist um erfahrene und einheimische Alpinisten. "Sie sind oft überroutiniert, gehen denselben Steig oft täglich und sind daher weniger aufmerksam", sagte Andreas Würtele, Geschäftsführer des Kuratoriums für Alpine Sicherheit.

Bergung wird nicht gedeckt

Weil immer mehr unerfahrene Menschen im hochalpinen Gelände unterwegs sind, versuchen die heimischen Tourismusverbände, diese mit speziellen Angeboten auf die Herausforderungen am Berg und Klettersteig vorzubereiten. "Durch Unachtsamkeit kommt man schnell in Gefahr. Deshalb verfolgen wir mit unserem Klettersteigschein eine proaktive Sensibilisierung", sagte Elias Walser vom Tourismusverband Ramsau am Dachstein über den halbtägigen Basiskurs für angehende Kletterer. "Das ist wichtig, denn anders als etwa beim Fahrradfahren kann man beim Klettern nicht nach dem Versuch-und-Irrtum-Prinzip lernen", betonte er.

Problematisch sind Unfälle am Klettersteig und allgemein im alpinen Gelände auch aus finanzieller Sicht, denn die Kosten einer Bergung werden laut Johannes Rumpl, Landesdirektor der UNIQA Steiermark, nicht von gesetzlichen Versicherungen gedeckt. "Für solche Fälle sollte man daher unbedingt privat vorsorgen", betonte Reinhard Kraxner, Geschäftsführer der ÖAMTC-Flugrettung. Möglich sei dies einerseits bei diversen Versicherungen und andererseits auch über Alpinvereine und -organisationen.

Risikobewusstsein schärfen

Alpinexperten begrüßten zwar die Initiative der Touristiker in Sachen Sicherheit, befürchteten aber gleichzeitig, dass die falsche Selbsteinschätzung durch die verhältnismäßig kurze Ausbildung gestärkt würde. "Das könnte in das genaue Gegenteil umschlagen und die Leute überschätzen sich", meinte etwa der Extrembergsteiger Christian Stangl. "Ich bin zwar glücklich, dass sich der Tourismus einschaltet, aber der Schein suggeriert, dass ich nach dem Schnellkurs alle Basics kenne. Das ist, als würde ich einen Paddelkurs im Gänsehäufl machen", meinte Würtele.

Friedrich Macher vom Österreichischen Alpenverein sah den gesellschaftlichen Wandel als Auslöser für die zunehmenden Unfälle. "Im letzten Jahr waren die Leute noch surfen und weil das nicht mehr den gewünschten Kick bringt, wollen sie sich nun im hochalpinen Raum bewegen. Wir müssen das Risikobewusstsein der Menschen schärfen." Extrembergsteiger Stangl riet daher zu mehrtägigen Grundkursen, in denen unter anderem auf Klettertheorie, -technik und das Einschätzen alpiner Gefahren fokussiert wird. (APA, 25.6.2015)