Ines Valentinitsch und Mona Ramsenthaler, die Gründerinnen des Labels "Heidi Couture".

Foto: Heidi COuture

Dienstagabend, die Demel-Salons am Kohlmarkt sind bis ins letzte Eck gefüllt. Aufgemascherlt bis zum High Heel drängeln sich hier alle, die was auf sich halten – von Drag Queen Tamara Mascara bis zu den blonden Medienfrauen dieses Landes. Die "Seitenblicke"-Kamera hat heute Abend alle Hände voll zu tun.

Warum dieses Gedrängel? Designerin Ines Valentinitsch und Co-Designerin Mona Ramsenthaler haben zur Präsentation ihres Trachtenlabels "Heidi Couture" geladen. Präsentiert wird im kleinen Rahmen, auf den Plätzen liegen Zettel, bedruckt mit den vorgeführten Modellen, mit dabei: ein Kugelschreiber zum Kreuzerlmachen. Die gezeigten Kleider tragen Frauennamen, sie heißen Paula, Franzi, Serena. Modell Serena ziert eine rote Schleife und kostet 1.250 Euro.

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Wie bei Adlmüller

"Wir wollten im Demel eine Salon-Atmosphäre wie damals bei Adlmüller, Chanel oder Yves Saint Laurent schaffen", erklärt Ines Valentinitsch am nächsten Tag während ihrer Präsentation in einem Schauraum im 15. Bezirk. "Die Kundin sieht das Kleid, weiß, was es kostet und kann es gleich bestellen." Das geht ab jetzt auch online, obwohl "Heidi Couture" ja eigentlich kein Produkt sei, das man "mit einem Klick" kaufe, erklärt die Designerin. Viel wichtiger: der direkte Austausch mit den Kundinnen, insbesondere die Endanpassung bei der Schneiderei in Wien, denn: "Dass ein Dirndl gleich passt, ist eigentlich unmöglich." Nach drei Wochen sei das gewünschte Stück fertig.

Ines Valentinitsch, die unter Helmut Lang und Marc Bohan studierte und seit ihrem Abschluss an der Universität für Angewandte Kunst 1996 in Mailand lebt, weiß, was sie tut. Denn sie hat innerhalb der letzten zwanzig Jahre unterschiedlichste Erfahrungen in der Modebranche gesammelt. Valentinitsch führte ein eigenes Label, arbeitete für verschiedene Unternehmen als Modeberaterin, entwarf für Aigner, Iceberg, die Trachtenfirma Gössl. Seit einiger Zeit malt sie auch. Doch das neue Projekt, das passe zu ihr – und sei auch mit ihren vier Kindern zu vereinbaren, erklärt die gebürtige Grazerin.

Foto: Heidi COuture

Mit der zwanzig Jahre jüngeren Mona Ramsenthaler hat die 43-Jährige eine Partnerin an ihrer Seite, die auf der Modeschule Hetzendorf das Schneiderhandwerk gelernt hat. "Sie sieht die Welt, weil sie um einiges jünger ist, ganz anders", das mache die Zusammenarbeit so spannend, erklärt Valentinitsch. Ramsenthaler stickt für "Heidi Couture" Blumen, Schmetterlinge, Ranken "aus dem Kopf" auf die Modelle und erarbeitet Mustervorlagen für die Stickerinnen, und sie sitzt auch mal bis tief in die Nacht mit Valentinitsch an der Arbeit.

Zehn Mailänder Stickerinnen zwischen fünfunddreißig und achtzig haben die beiden Frauen bereits an der Hand. Die seien mit Begeisterung bei der Sache. Dass jede Stickerin ihren eigenen Stil hat, dass nicht jedes Muster auf dem Mieder und der Jacke vollkommen symmetrisch und gleich ausfällt, genau das gefällt Valentinitsch. "Es herrscht so eine Gleichheit überall", da sei es erfrischend, die Freiheit zu haben, Unikate zu kreieren. "Wenn zwei Frauen bei mir dasselbe Modell bestellen, werden das nie zwei gleiche Kleider sein." Tracht habe sich sowieso immer auch weiterentwickelt und sei dem jeweiligen Zeitgeist unterworfen gewesen: "Die Sechziger-, Siebziger-Dirndl waren ganz kurz und hatten einen riesigen Ausschnitt, in den Achtzigern gab's dann riesige Pumpblusen à la Lady Di."

Foto: Heidi COuture

"Heidi Couture" und Mailänder Begeisterung

Wie bei "Heidi Couture" alles begann? Mit der Begeisterung der Mailänderinnen für die Kleider, die Ines Valentinitsch selbst im Engadin spazieren führte – ganz ohne Bluse und Schürze. "In unseren Kleidern geht man auf die Hütte, danach auf eine Dinnerparty und genauso in den Club", erklärt die kommunikative Valentinitsch, die mit Ramsenthaler gemeinsam die wahrscheinlich beste Werbeträgerin für "Heidi Couture" überhaupt ist. Wenn das Konzept bei den Italienerinnen, in Mailand und in St. Moritz so gut ankomme, warum dann nicht auch in Österreich, dachten sich die beiden.

Und arbeiteten gut eineinhalb Monate auf ihre Präsentation im Demel hin. Die Kleider? Bestehen aus klassischen Trachtenstoffen, aus Leichtfried-Loden, Baumwolldrucken der Steyrischen Zeug-Druckerei, aber auch individuellen Fundstücken aus unterschiedlichen Trachtenkulturen. Und nicht zuletzt Vintage-Trachtenjacken: "Diese Gamsfrackerln aus den Sechziger-, Siebzigerjahren, die haben einfach einen tollen Sitz."

Das Konzept der Designerinnen: Klassische Trachtenelemente, also Grundschnitt, Rock und Mieder werden neu adaptiert. Beim Ausseer-Dirndl, das die Show im Demel eröffnet hat, haben Valentinitsch und Ramsenthaler den Rock gekürzt, einen Petticoat darunter gesteckt, den Leinenleib mit einer Spitzenperlenstickerei wie in der Couture bestickt und die fliederfarbene Schürze gegen eine fliederfarbene Schleife ausgetauscht. "Ohne Bluse und mit neuen Knöpfen sieht das gleich ganz anders aus." Den blonden Damen in Reihe eins hat's gefallen. Sie haben schon mal ordentlich Kreuzerln gemacht. (Anne Feldkamp, 25.6.2015)

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