"Hauptsache, du hast deinen Vertrag", dachte sich Lobbyist Alfons Mendsdorff-Pouilly nach eigenem Bekunden. Eingefädelt hat das Geschäft der damalige Vorstand der Telekom, Rudolf Fischer, der jetzt ebenfalls auf der Anklagebank Platz nehmen muss.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Von Schmiergeldvorwürfen, wie sie seit Jahren die Causa Tetron begleiten, war beim Prozessauftakt am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht kaum die Rede. Dass bei der 2003 erfolgten Neuausschreibung des Blaulichtfunks unter dem damaligen ÖVP-Innenminister Ernst Strasser Bestechung im Spiel war, kann laut Staatsanwalt Volkert Sackmann mangels Beweisen ohnehin nicht nachgewiesen werden. Das sei aber gar nicht notwendig, um den ehemaligen Vorstand der Telekom Austria (TA), Rudolf Fischer, der Untreue und Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly der Beihilfe zu überführen.

Mensdorff-Pouilly habe von der TA 1,1 Millionen Euro für seine Beratertätigkeit rund um das seinerzeitige Bieterverfahren erhalten, bei dem die Telekom als Infrastrukturlieferant für ein Konsortium der Firmen Alcatel und Motorola tätig war.

Späte Beichte von "Schutzbehauptungen"

Wer davon ausging, dass der Lobbyist bei seiner Aussage aus dem Ermittlungsverfahren bleibt, wonach er für Beratungen rund um Tetron nie Geld bekommen habe, wurde eines Besseren belehrt. "Das war natürlich eine Schutzbehauptung, aber das durfte ich dort ja sagen", so Mensdorff-Pouilly. Er habe zu diesem Zeitpunkt kein Interesse gehabt, dass seine Tätigkeit für die Telekom öffentlich wird. "Im U-Ausschuss habe ich dazu nichts gesagt, weil ich wusste, ich müsste die Unwahrheit sagen." Zur Erinnerung: "Graf Ali" entschlug sich 2012 im Korruptionsuntersuchungsausschuss zu vielen Fragen der Aussage.

Damit scheint auch festzustehen: Der Vertrag über Beratungsleistungen bei Ostgeschäften der Telekom ("Projekt Alpha"), mit dem das im Jahr 2008 ausgezahlte Honorar offiziell gerechtfertigt wurde, war ein Scheinvertrag.

Fehlender Leistungsnachweis

Die beiden Angeklagten plädierten trotzdem auf unschuldig. Untreue liege laut Mensdorff-Anwalt Harald Schuster deshalb nicht vor, weil sein Mandant für die Telekom sehr wohl eine Leistung erbracht habe – auch wenn es dafür keine schriftlichen Aufzeichnungen gibt. Die TA sei nicht geschädigt worden, sondern habe im Gegenteil profitiert, weil Mensdorff-Pouilly günstiger gewesen sei als die in einem Bieterverfahren sonst notwendige Beratung durch eine Investmentbank.

Laut Fischer habe Mensdorff-Pouilly Ende 2003 die Weichen dafür gestellt, dass die Telekom als Sublieferant akzeptiert wurde und nicht selbst in das Konsortium einsteigen musste. Dies hätte nämlich höhere Kosten und ein höheres Risiko bedeutet.

Unpassende Farbenlehre

Dass Mensdorff seine Leistungen nicht unmittelbar nach dem Zuschlag für das Projekt Tetron abrechnen wollte, darüber sei Fischer "nicht unglücklich" gewesen. Mensdorff sei der Ruf des Waffenlieferanten vorausgeeilt. Außerdem: "Hätte die Telekom als rotes Unternehmen mit rotem Betriebsrat die Zusammenarbeit mit Mensdorff bekannt gegeben – da hätte ich gleich inserieren können, dass Mensdorff zum Abschuss freigegeben ist." Das sei "die Crux an der Sache" gewesen, sagte Fischer, und weiter: "Wie das abrechnungstechnisch dargestellt wird, daran habe ich bei Gott nicht gedacht."

Mensdorff-Pouilly wiederum gab bei seiner Aussage Einblicke in seine damalige Gedankenwelt. Nachdem Fischer ihm gesagt hatte, er könne nicht gleich zahlen, habe er sich gedacht: "Mit dem ist gut Kirschen essen. Wennst jetzt a Ruh gibst, vielleicht beschäftigt er dich dann noch mal." So habe sich dann ein jahrelanges Beratungsverhältnis entwickelt.

Abgang vorhersehbar

Das Honorar von 1,1 Millionen fixierte Mensdorff-Pouilly dann erst im Frühjahr 2008, und zwar mit Fischers damaligem Vorstandskollegen Gernot Schieszler. Dieser habe den Vertrag vorgelegt, mittels dem die Abrechnung in den Osteuropa-Geschäften verpackt wurde. "Hauptsache du hast deinen Vertrag", habe sich der Berater gedacht. Fischers Abgang bei der Telekom sei bereits absehbar gewesen, dann hätte er die Telekom wegen seines Honorars womöglich klagen müssen.

Der Prozess wird am Donnerstag mit der Aussage Schieszlers fortgesetzt, der als Kronzeuge der Anklage fungiert. (Simon Moser, 25.6.2015)