Bild nicht mehr verfügbar.

Höchstgeschwindigkeit auf der Pferderennbahn: Laut einer britischen Studie wird vor allem auf kürzeren Distanzen schneller galoppiert.

Foto: AP/Benoit Photo

Exeter/Wien – Beim Menschen ist die Steigerung bestens dokumentiert: Auf allen Laufdistanzen gab es sowohl bei Männern wie auch bei den Frauen Verbesserungen bei den Weltrekorden. Die Gründe dafür sind vielfältig: Effizienteres Training, besseres Material (auch der Laufbahnen) und – insbesondere bei den immer noch bestehenden Frauenrekorden aus den 1980er-Jahren – wohl auch unerlaubte Substanzen.

Wie aber lief und läuft es bei den Pferden? Sind auch die Vierbeiner bei den Rennen in den letzten gut hundert Jahren schneller geworden? Und wenn ja: warum? Generell ist die Datenlage zum Tempo von Rennpferden unübersichtlich, da vor allem die historischen Zeiten umstritten sind. So gilt das 1764 geborene Rennpferd Eclipse als schnellstes Pferd der Welt. Der Hengst soll angeblich für eine 7190 Meter lange Rennstrecke 6 Minuten und 4 Sekunden gebraucht haben, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 71,9 km/h entsprechen würde.

Womöglich auch wegen dieser Fabelzeit gingen viele Rennpferdexperten davon aus, dass die Geschwindigkeit der Tiere stagniere und ein Maximum erreicht sei. Entsprechende Studien werteten aber nur die Siegzeiten einer kleinen Zahl von Spitzenrennen über mittlere und lange Distanzen aus.

Das Team um die Evolutionsbiologen Patrick Sharman und Alastair Wilson (Uni Exeter) ging den Fragen erstmals mit wissenschaftlicher Gründlichkeit nach: Sie werteten britische Rasen-Pferderennen von 1949 bis 2012 aus und berücksichtigten dabei nicht nur das Jahr des Rennens, die Zeit, die Methode der Zeitmessung, die Distanz, die Strecke, den Zustand des Bodens, die Zahl der Tiere, sondern auch noch Alter und Geschlecht jedes Pferdes im Rennen.

Sprunghafte Verbesserungen

Insgesamt gingen so 616.084 Rennzeiten von 70.388 Tieren in die Studie mit ein, die in den "Biology Letters" der Royal Society veröffentlicht wurde. Und diese Untersuchung ergab nun etwas Überraschendes: Die Geschwindigkeit der Pferde hat sich in den vergangenen gut 150 Jahren deutlich gesteigert – und zwar vor allem über kurze Distanzen.

Dabei ist die Entwicklung laut Sharman und Wilson aber nicht linear: Sprunghafte Verbesserungen gab es vor allem nach 1900 und dann wieder von 1975 bis in die frühen 1990er-Jahre. Der erste Tempogewinn könnte darauf zurückzuführen sein, dass 1897 ein neuer Reitstil eingeführt wurde, bei dem die Jockeys in gekrümmter Haltung und mit kürzeren Steigbügeln reiten. Eine weitere Verkürzung der Steigbügel in den 1970er- und 80er-Jahren könnte das Tempo noch einmal angezogen haben. Gleichzeitig habe eine verstärkte Kommerzialisierung der Zucht stattgefunden, sodass auch genetische Verbesserungen eine Rolle spielen könnten.

"Interessanterweise sind die Verbesserungen sowohl historisch als auch aktuell vor allem über Sprint-Distanzen zu beobachten", so Sharman. Die Forscher gehen zudem davon aus, dass die Pferde weiter an Tempo zulegen werden – und wollen herausfinden, ob eher genetische Faktoren oder Umweltfaktoren dafür verantwortlich sind. Doping ziehen sie erstaunlicherweise nicht wirklich in Betracht. (tasch, dpa, 24.6.2015)