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Die Analyse von über 145.000 Datensätzen bestätigte bisherige Befunde für ein erhöhtes Demenzrisiko von Diabetikern. Allerdings zeigte sich, dass Diabetes-Medikamente dieses Gefahrenpotenzial beeinflussen können.

Foto: Reuters/BAZ RATNER

Eine Behandlung mit Antidiabetika verringert bei Menschen mit Typ-2-Diabetes – auch "Altersdiabetes" genannt – das Risiko für Alzheimer und andere Demenzerkrankungen. Am deutlichsten sinkt das Risiko durch den Wirkstoff Pioglitazon. Zu diesem Schluss kommen Bonner Forscherinnen und Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) durch die Analyse von Krankenkassen-Daten.

Bei einem Diabetes Typ 2 ist der Zuckerstoffwechsel gestört, weil das dafür entscheidende Hormon Insulin seine Wirkung nicht richtig entfaltet. Im fortgeschrittenen Stadium stellt der Körper die Produktion von Insulin sogar ein, so dass es extern zugeführt werden muss.

Von dieser Erkrankung, die vorwiegend im späteren Erwachsenenalter auftritt, ist schon länger bekannt, dass sie sich auf die geistige Gesundheit auswirken kann: Die Patienten sind stärker gefährdet, eine Demenz zu entwickeln, als Nicht-Diabetiker.

Langzeitbehandlung verringert Demenz-Risiko

Wie Antidiabetika das Demenz-Risiko beeinflussen, untersuchten nun der Neurologe Michael Heneka und die Demografieforscherinnen Anne Fink und Gabriele Doblhammer in einer Studie. Als Analysebasis dienten die Daten der Krankenkasse AOK aus den Jahren 2004 bis 2010. Die Datensätze beinhalteten Angaben über Erkrankungen und Medikationen von mehr als 145.000 Männer und Frauen im Alter ab 60 Jahren.

Die Analyse bestätigte bisherige Befunde für ein erhöhtes Demenzrisiko von Diabetikern. Allerdings zeigte sich, dass Pioglitazon dieses Gefahrenpotenzial beeinflussen kann. Der Wirkstoff wird in Tablettenform eingenommen. Er wird sowohl vorübergehend als auch zur Langzeit-Therapie von Diabetes eingesetzt – nämlich solange der Körper noch eigenes Insulin herstellt.

"Die Behandlung mit Pioglitazon zeigte einen positiven Nebeneffekt. Sie konnte das Risiko einer Demenz wesentlich verringern", so Doblhammer. "Je länger die Behandlung, umso geringer das Risiko." Am deutlichsten sank das Risiko, wenn der Wirkstoff mindestens zwei Jahre verabreicht wurde.

Schutz vor Nervenzellschäden

Die so behandelten Diabetiker erkrankten weniger häufig an Demenz als Menschen ohne Diabetes. Doblhammer: "Das Erkrankungsrisiko war um 47 Prozent geringer als bei Nicht-Diabetikern, also etwa nur halb so groß." Auch Metformin – ein weiteres Antidiabetikum – senkte ebenfalls das Risiko für eine Demenz. Seine Wirkung war jedoch geringer als die von Pioglitazon.

Pioglitazon verbessert die Wirkung des körpereigenen Insulins. Aus Laboruntersuchungen gibt es aber seit längerem Hinweise dafür, dass es auch die Nervenzellen schützt. Für den Neurowissenschaftler Michael Heneka sind die aktuellen Ergebnisse daher keine Überraschung: "Pioglitazon ist entzündungshemmend und hemmt auch die Ablagerung schädigender Eiweiße im Gehirn."

Wirkungsweise ungeklärt

Allerdings seien die genauen Zusammenhänge noch nicht verstanden, betont Heneka: "Unsere Untersuchung deutet darauf hin, dass Pioglitazon eine vorbeugende Wirkung hat. Dieser Effekt tritt auf, wenn der Wirkstoff eingenommen wird, noch bevor sich die Symptome einer Demenz bemerkbar machen."

Die Ursachen dafür, und ob der protektive Effekt nur für Diabetiker gilt oder auch bei Nicht-Diabetikern auftreten würde, ist noch nicht geklärt. "Der nächste logische Schritt wären daher klinische Studien, die die Wirkung von Pioglitazon und die anderer Antidiabetika gezielt in Hinblick auf eine Demenz untersuchen", resümiert Heneka. (red, 24.6.2015)