STANDARD: Nach einem Jahr in Salt Lake City – wie sehr haben Sie sich auf die vier Wochen in Wien gefreut? Lassen sich die beiden Städte vergleichen?
Pöltl: Vergleichen lassen sie sich kaum, auch deshalb war die Freude auf Wien sehr groß. Wien ist eine aufregende, aber auch gemütliche Stadt. Salt Lake City ist mir dagegen eher alt vorgekommen und vielleicht etwas fad. Es hat nicht viel gegeben, was mich in die Stadt gezogen hat. Ich war fast immer nur auf dem Uni-Campus unterwegs. Es ist eine Wintersportgegend, du siehst die Berge gleich hinter dem Campus.
STANDARD: Waren Sie Ski fahren?
Pöltl: Nein. Ich darf laut Vertrag keine Extremsportarten ausüben. Darunter fällt schon Mountainbiken, aber auch Skifahren. Wenn ich trotzdem Ski fahren gehe und etwas passiert, hab ich den Scherben auf. Das Basketballtraining war intensiv genug, in der Freizeit habe ich hauptsächlich regeneriert und Zeit mit meinen Mitspielern verbracht.
STANDARD: Wie sind Sie an der Uni untergebracht?
Pöltl: Ich wohne mit zwei anderen Basketballern gemeinsam im Studentenheim. Ich hatte zwar anfangs schon ein extralanges Bett, das war aber nicht breit genug, unkomfortabel. Also habe ich mir selbst ein Queen-Size-Bett gekauft.
STANDARD: Wie haben Sie Ihre erste College-Saison verkraftet, körperlich und mental?
Pöltl: Verschleißerscheinungen gibt es kaum. Und ich habe mir die Zeit genommen, um mental runterzukommen, Familie und Freunde zu treffen. Ich war in Wien kaum in Hallen unterwegs, hab vor allem in der Kraftkammer trainiert, vier Einheiten pro Woche zu jeweils eineinhalb Stunden, davon zwei Einheiten vor allem Beine, die anderen zwei vor allem Oberkörper.
STANDARD: Was ist das Ziel?
Pöltl: Ich muss stärker und schwerer werden, habe ein Programm von meinem Krafttrainer auf der Uni mitbekommen. In einem Monat sollte ich acht Kilo zunehmen. Wenn ich es nicht ganz schaffe, ist es aber auch nicht schlimm. Momentan wiege ich 111 Kilo, 115 Kilo wären das Ziel.
STANDARD: Wie ernähren Sie sich?
Pöltl: Ich soll viel und g'scheit essen. Ich versuche, auf vier volle Mahlzeiten am Tag zu kommen. Einen speziellen Ernährungsplan habe ich nicht, ich esse ausgewogen, möglichst viel Nudeln, Fleisch, Kartoffeln, kein Junkfood.
STANDARD: In Ihrer ersten Saison gab's viel Lob von außen. Wie waren Sie selbst mit sich zufrieden, und wie und wohin wollen Sie sich entwickeln?
Pöltl: Es war eine typische erste Saison. Die Trainer wussten nicht, was sie von mir erwarten sollen, ich wusste nicht, was ich von ihnen erwarten soll. Im Moment spielt sich bei mir viel unter dem Korb ab, das ist noch sehr eindimensional. Ich sehe viel Verbesserungspotenzial bei mir. Ich werde nie ein Bulldozer sein, der durch alle durchgeht. Ich will körperlich zulegen, aber trotzdem agil und beweglich bleiben. Wenn ich mit meinem Wurf aus der Distanz und meiner Schnelligkeit erfolgreich sein kann, wäre das ein Riesenschritt. Der Trainer hat mir schon gesagt, dass ich ab Herbst, in der nächsten Saison, eine größere Rolle übernehmen muss.
STANDARD: Mit ein Grund, warum Sie sich gegen den NBA-Draft und für ein weiteres Jahr am College entschieden haben?
Pöltl: Ich genieße es in Utah, möchte auf diese Zeit einmal mit Freude zurückschauen. Es wäre schade gewesen, wenn es schon nach einem Jahr vorbei gewesen wäre. Viele nennen ihre Collegezeit "the best time of my life". Beide Wege sind ein Risiko. Am College kann ich mich verletzen. Aber in der NBA hast du 82 Spiele in einer Saison, bist ununterbrochen auf Reisen. Wenn du in der NBA nicht einschlägst, nicht gefördert und in ein Farmteam abgeschoben wirst, ist das auch nicht lustig. Dann bleibst du stehen.
STANDARD: Im nordamerikanischen Profisport kann man sich seinen Arbeitsplatz nicht aussuchen, man ist davon abhängig, von welchem Klub man gedraftet wird.
Pöltl: Es ist ein Pokerspiel. Du kannst in einer Stadt landen, die dir nicht gefällt, oder bei einem Team, das dich nicht braucht. Du kannst in einer tollen Metropole landen oder in der Wüste. Und du hast vielleicht keine Gewissheit, ob du im nächsten Monat noch denselben Arbeitgeber hast, noch am selben Ort bist.
STANDARD: An den möglichen oder wahrscheinlichen Millionenvertrag haben Sie nicht gedacht?
Pöltl: Ich versuche so wenig wie möglich über Geld nachzudenken. Es war mehr eine basketballerische als eine finanzielle Entscheidung. Geld war nie der Grund, warum ich Basketball spiele. Ich spiele mein Leben lang Basketball, weil es mir Spaß macht. Und ich hoffe, dass das Geld nächstes Jahr noch immer da ist. Es sieht nicht so schlecht aus.
STANDARD: Gibt es eine Adresse, eine Art Lieblingsklub, bei dem Sie besonders gerne landen würden?
Pöltl: Die Boston Celtics sind mein Lieblingsteam. Früher oder später wäre es schön, dort zu spielen. Aber vielleicht bieten sich nächstes Jahr andere Teams besser für mich an. Bis jetzt habe ich ja nur am Campus in Utah gelebt und in Wien. Daheim war ich jetzt wieder im Hotel Mama, für vier Wochen ist das auch ganz angenehm.
STANDARD: In Salt Lake City sind Sie wieder auf sich allein gestellt?
Pöltl: Ich komme damit ganz gut zurecht. Die Mannschaft ist meine zweite Familie. Wir wohnen, spielen und studieren zusammen. (Fritz Neumann, Florian Vetter, 24.6.2015)