Auf den letzten Metern geraten die Atomverhandlungen mit dem Iran ins Stocken. Konservative Kräfte in Teheran blockieren weitere Zugeständnisse wie die Inspektion von Militäranlagen. Doch die Forderung des britischen Außenministers Philip Hammond an die Islamische Republik, sich zu bewegen, wird selbst innerhalb der Sechsergruppe, bestehend aus den UN-Vetomächten und Deutschland, nicht uneingeschränkt unterstützt: Russlands Präsident Wladimir Putin warnte vor "willkürlichen Forderungen" des Westens an den Iran.

Russland ist an einem schnellen Ende der UN-Sanktionen gegen den Iran interessiert. Ein neuer Vertrag über Waffenlieferungen ist praktisch in trockenen Tüchern. Es geht um die Lieferung von fünf Luftabwehrsystemen des Typs S-300WM. Der Vertrag soll einen älteren Kontrakt aus dem Jahr 2007 über fünf S-300PMU-1 ersetzen, den Moskau 2010 noch unter der Präsidentschaft von Dmitri Medwedew annulliert hat.

Sanktionen verlängert

Der Schritt galt damals als Moskauer Geste des guten Willens gegenüber dem Westen und israelischen Bedenken. Teheran hingegen reagierte empört und mit einer Vier-Milliarden-Dollar-Klage, fielen die Luftabwehrraketen doch formal nicht unter das UN-Waffenembargo. Inzwischen sind die Beziehungen Moskaus zum Westen ohnehin schwer beschädigt, wie die gerade um ein halbes Jahr verlängerten Wirtschaftssanktionen der EU demonstrieren.

Putin hat daher schon im April das Waffenembargo gegen den Iran aufgehoben, doch einer realen Lieferung steht immer noch die Klage Teherans im Weg. Der Iran bestand auf einer Auslieferung vor einem Rückruf der Klage, für Russland eine unannehmbare Forderung.

Nun hat der iranische Vizeaußenminister Morteza Sarmadi Gespräche über einen Klageverzicht bestätigt. "Wir haben die Vertragsveränderungen, die neuen Preise, die es aufzustellen gilt und den Mechanismus des Klagerückrufs erörtert", sagte er. Die Gesprächsergebnisse nannte er "positiv". Demnach scheint Teheran bereit, die Klage fallen zu lassen. Über einen möglichen Preis gibt es keine Angaben, der alte Vertrag hatte ein Volumen von 800 Millionen Dollar. Die damals bestellten, noch aus Sowjetzeiten stammenden S-300PMU-1 sind beim Rüstungskonzern Almas-Antei allerdings inzwischen aus der Produktion genommen worden, die neue Modifikation dürfte laut Experten teurer sein.

Umstrittener Deal

Eine negative Reaktion aus Washington auf den Rüstungsdeal gilt als sicher. Laut der Tageszeitung "Kommersant" erwartet Russland allerdings aus Israel keine Kritik. Schließlich sei der erste Vertrag damals auf Bitten Tel Avivs annulliert worden, zitiert das Blatt einen anonymen Kreml-Sprecher. Warum die Bedenken Israels gegen die neuen Raketen geringer sein sollen, wird allerdings nicht erklärt. Gegen die These spricht auch, dass Israel nach Bekanntwerden der neuen Rüstungsverhandlungen seine Präsenz auf der Moskauer Siegesparade am 9. Mai deutlich heruntergeschraubt hat: Statt eines Ministers nahm nur der Botschafter an den Feierlichkeiten teil. (André Ballin aus Moskau, 23.6.2015)