Das H5N1-Virus (gold)

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Gießen – Der Mangel an wirksamen antiviralen Medikamenten und Impfstoffen bei der Influenza-A-Virus-Pandemie im Jahre 2009, der Ebolavirus-Epidemie in Westafrika, sowie der derzeitige Ausbruch des "Middle Eastern Respiratory Syndrome"-Coronavirus (MERS-CoV) zeigen, dass die Welt nur ungenügend auf das Auftreten neuer Infektionskrankheiten vorbereitet ist. Die wirksame Bekämpfung solcher Bedrohungen stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar.

Hochpathogene Vogelgrippeviren des H5N1-Typs sind eine sehr ernste Bedrohung für den Menschen. Diese aviären Influenzaviren werden zwar bislang nur vereinzelt auf Menschen übertragen, führen dann aber zu Erkrankungen mit einer Sterblichkeitsrate von bis zu 60 Prozent. Es gibt Hinweise darauf, dass sich die H5N1-Viren durch Mutationen weiterentwickeln und zunehmend leichter auf den Menschen übertragen werden können.

Das gilt insbesondere für H5N1-Viren in Ägypten, einem Land, das sich zu einem möglichen Epizentrum einer neuen Influenzapandemie entwickeln könnte. Ein besseres Verständnis der molekularen Grundlagen der Evolution von Influenzaviren ist daher von zentraler Bedeutung für die frühzeitige Erkennung von hochpathogenen Influenzaviren und die effiziente Bekämpfung und Eindämmung möglicher Epidemien oder gar Pandemien.

Neue Methode

Eine multidisziplinäre Forschergruppe aus Deutschland und Serbien, darunter Wissenschaftler des Instituts für Medizinische Virologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), hat nun eine Methode entwickelt, mit dem sich das pandemische Potenzial von Influenzaviren vorhersagen lässt: Eine kombinierte Anwendung einer rechnergestützten Technik (ISM) und molekularvirologischer Methoden, mit der man mögliche biologische Auswirkungen von natürlich vorkommenden Mutationen, wie sie beispielsweise in H5N1-Viren in Ägypten gefunden wurden, einschätzen kann.

So lassen sich mit der ISM-Technik unter den zahlreichen Influenzaviren, die in Vögeln oder anderen tierischen Wirten zirkulieren, diejenigen Viren identifizieren, die besonders effizient auf den Menschen übertragen werden können und damit möglicherweise ein pandemisches Potential besitzen.

Große Wissenslücken

Das ist wichtig, denn trotz vielfältiger Fortschritte in den vergangenen Jahren gibt es nach wie vor große Wissenslücken hinsichtlich der Genetik, Epidemiologie und Pathobiologie von H5N1-IAV im Menschen. "Unsere Daten eröffnen die Möglichkeit, ein neues Werkzeug für die Abschätzung des mit spezifischen Influenzaviren verbundenen pandemischen Risikos zu entwickeln", so Stephan Pleschka, Forscher am Institut für Medizinische Virologie der JLU und Hauptautor der Studie.

Es könnte damit zu einer besseren Vorbereitung gegen mögliche Pandemien beitragen. Das betrifft speziell die Entwicklung eines prä-pandemischen Impfstoffes, der dazu beitragen könnte, die negativen Auswirkungen von neu auftretenden Influenzaviren zu verhindern. (red, 23.6.2015)