Der Gazakrieg zwischen Israel und bewaffneten Palästinensergruppen Mitte 2014 schockierte weltweit. Wohngebiete gerieten unter Beschuss, viele Zivilisten wurden bei den Angriffen getötet. Jetzt heißt es in einem Bericht der UN: Beide Seiten machten sich möglicherweise der Kriegsverbrechen schuldig. Und die Ermittler fordern: Israelis und Palästinenser müssten endlich ernsthafte juristische Schritte gegen mutmaßliche Täter einleiten. Bislang brauchten die Verantwortlichen keine Konsequenzen zu befürchten, heißt es in dem am Montag in Genf veröffentlichten Bericht der Gaza-Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates.

Die Kommission wirft Israel massive Angriffe auf Wohnhäuser in Gaza vor, Palästinensergruppen hätten wiederum willkürlich mit Raketen auf besiedelte Gegenden in Israel geschossen. Das Völkerrecht verlange, bei Militäroperationen verhältnismäßig zu agieren, zwischen zivilen und militärischen Zielen zu unterscheiden und Zivilisten zu schützen.

Israel kritisiert "Einseitigkeit"

Israel wies die Anschuldigungen umgehend zurück. Der Report sei politisch motiviert und von einer Institution in Auftrag gegeben worden, die seit Jahren einseitig gegen Israel Position beziehe.

Dem Bericht zufolge wurden bei dem Konflikt 2251 Palästinenser getötet. Davon seien 1462 Zivilisten gewesen, unter ihnen befanden sich 299 Frauen und 551 Kinder. Auf israelischer Seite seien 67 Menschen gestorben, unter ihnen sechs Zivilisten. Auslöser des Konflikts war die Ermordung dreier israelischer Jugendlicher im Juni 2014, die Kampfhandlungen dauerten rund 50 Tage.

Die Kommissionsmitglieder durften weder in Israel noch in den Palästinensergebieten ermitteln. Sie interviewten Zeugen daher telefonisch oder in anderen Ländern wie etwa in Jordanien. Zudem griff die Kommission auf Satellitenfotos und öffentlich zugängliche Informationen zurück. Der UN-Menschenrechtsrat hatte die Gaza-Kommission im Juli 2014 gegründet. Anfang nächster Woche sollen die Ermittler dem Rat ihre Ergebnisse präsentieren. (Jan-Dirk Herbermann aus Genf, 22.6.2015)