Männermodewoche bei Prada ist, wenn fast die Hälfte der Modelriege aus Frauen besteht. Die zeigte parallel die Resort-Kollektion. Vor der Show gab's Wassereis am Stiel, danach lief die Mode unter einem hängenden Labyrinth aus transparenten Kunststoffscheiben durchs Prada-Headquarter.

Auf dem Laufsteg wurden einige Ideen unisex durchgezogen: die weit aufgeknöpften Hemden und Blusen über gezippten Oberteilen zum Beispiel. Dazu bei den Männern weite Minishorts in Leder und weit ausgeschnittene Tanktops, bei den Frauen Kitten Heels und Pailletten-Mäntel. Oberstes Gebot: ein temporeicher, verwegener Auftritt. Die Söckchen rutschten von den Unterschenkeln, die Jacken von den Schultern. Über die Pullis, Jacken, Röcke rasten Bunnies, Rennwägen und Raketen.

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Prada
Foto: apa/del zennaro/ap/aresu

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Prada
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Während bei Jil Sander und in vielen anderen Mailänder Kollektionen die Knöchel und die Kniescheiben blitzten, wurde bei Zegna in Sachen Stoff und Volumen mehr geklotzt als gekleckert. Und die überlangen Ärmelenden der Sakkos und Mäntel hier und da gekrempelt. Designer Stefano Pilati ließ die Säume der lockeren Hosen, doppelt gehalten von Bändern und Gürteln, auf den Schuhen aufliegen.

Über Mäntel im großflächigen luftigen Madras-Karo wurden schmale, schräg sitzende Paspeltaschen gestreut oder übergroße Beuteltaschen aufgesetzt. Dazu Bomberjacken mit Zipp und Schals, die auf die nackte Brust unterm Sakko geschoben werden.

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Zegna
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Wenn zwei Sizilianer nach Ostasien schauen, dann kann das zumindest im Fall von Domenico Dolce und Stefano Gabbana fast nur in einem Karneval, in einer plakativen Show-Mixtur enden. Vom Palazzina Cinese in Palermo haben sich die beiden diesmal inspirieren lassen. Übersetzt wurde der auf dem Laufsteg in die üblichen Pagoden, Drachen, rote Paläste, Laternen, die mit den typischen Dolce & Gabbana-Motiven gekreuzt wurden.

Nicht dass hier nicht jedes Detail durchdacht wurde: jede Espadrille abgestimmt aufs jeweilige Outfit. Aber ob die anvisierte ostasiatische Kundschaft wohl in so was auf die Straße will?

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Dolce & Gabbana
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Wenn schon Motto, dann aber richtig. Donatella Versace macht keine halben Sachen. Diesmal schickte sie ihre Männermodels in die Wüste. Der Sand auf dem Laufsteg und die Zeltszenerie aus Seidentüchern (mit Motiven aus dem Versace-Archiv) sollten wohl vergessen machen, dass man sich hier wie immer im Mailänder Hauptquartier von Versace befand.

Die Models in Silhouetten der frühen Neunziger, in Pailletten-Sweatern, Funktionssandalen und Tuniken, darüber Sakkos oder fließende Kapuzenoberteile. Und gegen die gleißende Sonne: Seidentücher und Sonnenbrillen auf dem Kopf. Kommentar zur Kollektion, auf die Seidentücher projiziert: "Kein Mann braucht nichts", Lawrence von Arabien. Donatella Versace macht eben keine halben Sachen.

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Versace
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Nicht nur bei Versace und Dolce & Gabbana wurde nach Ostasien gelinst. Armani hat in den letzten Jahren in China und Japan ordentlich expandiert. Das schlug sich auch in der Emporio-Armani-Sommerkollektion nieder. In die Exotismus- und Nostalgie-Falle wolle man allerdings nicht tappen, schickte die Armani-PR gleich mal voraus.

Tatsächlich waren innerhalb des blau, grau, schlammfarben schattierten Armani-Minimalismus eher subtile Anleihen an andere Kulturen zu entdecken: Mandarinkrägen an Jacken und jede Menge blaue Paisleymuster. Die breiteten sich auf T-Shirts und Sakkos aus und machten auch vor den mittlerweile obligatorischen Frauen-Outfits nicht halt.

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Emporio Armani
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Für diese Show gab's zum Schluss Applaus für Designer Rodolfo Paglialunga. Kein Wunder, dessen zweite Männerkollektion für Jil Sander kam jung, knackig, funktional rüber. Manch ein Kritiker sah hier auch jede Menge Sex auf dem Laufsteg. Dank Fallschirm-Nylon und glänzender Oberflächen. Die Hosen? Wenn nicht die Knie freilegend, dann in Hochwasserlänge über den Knöcheln eingelaufen. Dazu schwere Schuhe und immer wieder Parkas, deren kurze Ärmel die weißen Manschetten hervorblitzen ließen. Cooles Detail: gelockerte Krawatten, der oberste Hemdknopf geöffnet. Die Männer von heute lassen sich eben nicht von ihren Hemden einschnüren.

Jil Sander
Foto: Jil Sander

Rucksackreise de luxe für den modernen Nomaden, unterwegs zwischen Business und Erleuchtung, irgendwo zwischen New York, Hongkong und Neu-Delhi: Thomas Maier schickte seine Männermodels für Bottega Veneta auf eine spirituelle Wandertour. Die trugen Leggings, körpernahe Jogginghosen aus Cupro, und überlange Kapuzenjacken zu gerippten Socken in Trekkingsandalen oder Wanderschuhen. Darüber Fleece, fein wattierte Seide und als Abwechslung zum Rucksack schräg über der Brust geschulterte Taschen.

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Wie gemacht für Instagram, diese Kollektion von Kreativdirektor Massimiliano Giornetti für Ferragamo: starke Farben, wenig misszuverstehen. Drumherum lud eine Affenskulptur inmitten einer Installation aus Grünzeug ein zu schnellen Schnappschüssen. Über den Parcours gemusterterer Teppiche lief eine Modelriege in blockigen Streifen und Mustern – Art déco mit Siebziger-Jahre-Twist in Türkis, Ocker, Braun. Dazu Kurzarmhemden unter T-Shirts, darüber baumelten schmale Krawatten. Auf den Sweatern tanzende Buchstaben, Kappen, Hauptsache sportlich.

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Keine Show ohne Botschaft: Vivienne Westwood und Andreas Kronthaler wissen kritische Statements zum Klimawandel auch auf dem Laufsteg bildstark zu verpacken. Diesmal ging es um das hochwassergefährdete Venedig. Zu Beginn marschierte deshalb eine Mini-Unterhose über den Laufsteg. Nur wer genau hinsah, las richtig: Salva Venezia, rette Venedig! Es folgten Tuniken, Kutten und irgendwann auch Anzüge. Irgendwo dazwischen hängte einem Model eine Handtasche mit Brustprint um den Hals. Ohne Ironie geht’s bei Westwood eben nicht.

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(Anne Feldkamp, 22.6.2015)